„Wer Mieterbeiräte wählt, sagt: Mich interessiert mein Quartier“ 15. Mai 2025Lesedauer: 5 Min. Artikel anhören Player schließen Bis zum 4. Juli laufen in neun Gewobag-Quartieren die Wahlen zum Mieterbeirat. Stephan Machulik, Staatssekretär für Wohnen und Mieterschutz, spricht über die Bedeutung des Gremiums – und erklärt, warum MieterInnen unbedingt wählen sollten. „Wenn man eine Stimme hat, sollte man sie auch nutzen“, sagt Stephan Machulik. Was für politische Wahlen gilt, gilt für den Staatssekretär für Wohnen und Mieterschutz auch mit Blick auf die diesjährigen Mieterbeiratswahlen bei der Gewobag. Warum? Das erklärt er im Interview. Herr Machulik, warum sind Mieterbeiräte wichtig? Stephan Machulik: Weil sie spürbar dazu beitragen können, den Austausch zwischen der Mieterschaft und VermieterInnen zu verbessern. Einerseits sind sie direkte AnsprechpartnerInnen für die Bewohnerinnen und Bewohner im Quartier, zum anderen sind sie gut mit Mitarbeitenden der landeseigenen Wohnungsunternehmen vernetzt. Damit sind die Mieterbeiräte eine wertvolle Schnittstelle. Man darf nicht vergessen: Menschen sind nicht nur zum Schlafen in ihren Mietwohnungen – sie leben dort! Deshalb sollten sie ihr Wohnumfeld auch in gewisser Weise beeinflussen können. Wie kann das in der Praxis aussehen? Stephan Machulik: Vieles betrifft Dinge, die VermieterInnen noch gar nicht auf dem Schirm haben können. Wenn es im Quartier einen Ort gibt, der zunehmend vermüllt wird, merken das natürlich zuerst die Menschen, die dort leben. Im Zusammenspiel mit den Mieterbeiräten kann so etwas schnell weitergeleitet werden, um Lösungsansätze zu entwickeln. Ähnliches gilt für Außenflächen, die vielleicht wenig genutzt werden und durch eine Bank oder eine frische Begrünung eine neue Qualität bekommen würden. In solchen Fällen haben die Mieterbeiräte schon vieles angestoßen. Zur Person Stephan Machulik ist seit April 2023 Staatssekretär für Wohnen und Mieterschutz in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen. In den landeseigenen Wohnungsunternehmen Gewobag und Gesobau sitzt der Spandauer im Aufsichtsrat, bei der Gewobag ist er stellvertretender Vorsitzender des Gremiums. Foto: Andreas Labes Welche Unterschiede haben Sie in der Stadt ausgemacht: Wo klappt die Einbindung von Mieterbeiräten gut, wo weniger? Stephan Machulik: Großsiedlungen sind häufig durch eine relativ hohe Fluktuation geprägt, dadurch entsteht leicht eine gewisse Anonymität. Hinzu kommt, dass dort oft andere Problemlagen herrschen. Deshalb fällt es zum Teil schwerer, Menschen zu finden, die ein Ehrenamt übernehmen wollen und können. Auch Sprachbarrieren spielen mitunter eine Rolle. Stephan Machulik: Richtig, und umso wichtiger ist es, dass die Mieterbeiräte bunt und vielfältig besetzt sind, um den gegenseitigen Austausch zu fördern. Grundsätzlich sollte man aber jedes Quartier für sich betrachten. In vielen Gegenden funktionieren die Mieterbeiräte tendenziell gut. In neu gebauten Quartieren müssen die Menschen allerdings erst heimisch werden und ihren Alltag organisieren. Auch in solchen Fällen wollen wir aufzeigen, dass es Vorteile hat, wenn man sich in einem Mieterbeirat engagiert – zum Beispiel in der Kommunikation mit der Gewobag. „Menschen, die sich für die Gesellschaft einsetzen, sollte man unterstützen. Und wenn’s nur mit einem kleinen Kreuz ist.“Stephan Machulik, Staatssekretär für Wohnen und Mieterschutz Sie haben die Zusammensetzung der Mieterbeiräte angesprochen. Welche Bevölkerungsgruppen sind in Ihren Augen unterrepräsentiert – und wie ließe sich das ändern? Stephan Machulik: Ältere Menschen, die nicht mehr berufstätig sind und dadurch mehr Zeit haben, sind tendenziell sehr stark vertreten und haben oft gewisse Vorstellungen, wie ein Quartier funktionieren sollte. Im Gegensatz dazu fehlen häufig junge Menschen, die sicher auch ein großes Interesse daran haben, ihr Wohnumfeld mitzugestalten, zumal es dafür viele Möglichkeiten gibt. Und klar: Natürlich wissen Menschen jenseits der 50 nicht unbedingt, was sich Teenager in ihrem Quartier wünschen, insofern brauchen die Mieterbeiräte auch die Ideen von jungen Bewohnerinnen und Bewohnern. Ähnliches gilt für Menschen mit Migrationshintergrund. Stephan Machulik: Auch sie wollen wir gern verstärkt für eine Kandidatur begeistern, ganz klar. Sie können eine ungemein wichtige Vermittlerrolle übernehmen, denn wir stellen immer wieder fest, dass es Sprachbarrieren und andere kommunikative Hürden gibt. Zum Teil geht es dabei um simple Themen wie das Grillen auf den Freiflächen. Wenn Mieterbeiräte mit Migrationshintergrund in solchen Fällen Brücken bauen und ins Quartier hineinwirken, kann das einen großen Effekt haben. Gerade die jüngere Generation, die in Deutschland geboren oder aufgewachsen ist, kann hier eine zentrale Rolle übernehmen. Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden. Mehr Informationen Inhalt entsperren Erforderlichen Service akzeptieren und Inhalte entsperren Ein gängiger Vorwurf lautet: Der Einfluss der Mietbeiräte sei überschaubar. Ein berechtigter Punkt? Oder sind die Erwartungen zu hoch? Stephan Machulik: Zum Teil herrschen wirklich unterschiedliche Vorstellungen. Wir sehen die Mieterbeiräte als Sprachrohr der Mieterschaft und als Ohr im Quartier. Wer aber glaubt, als Mieterbeirat die Arbeit der Vorstände von Gewobag und Co. direkt beeinflussen zu können, hat die Strukturen nicht richtig erfasst. Dass manchmal falsche Erwartungshaltungen vorherrschen, merke ich übrigens auch im Kleinen. Nur, weil man als Mieterbeirat eine Idee hat, heißt das nicht automatisch, dass sie sofort umgesetzt wird. Manchmal braucht es Geduld und Beharrlichkeit, weil viele verschiedene Faktoren mitschwingen. Braucht es noch mehr Aufklärungsarbeit zu den Gremien? Stephan Machulik: Die wurde von Unternehmen wie der Gewobag zuletzt intensiviert. Daneben haben wir auch die Sicheres Wohnen AöR, die die Mietergremien der landeseigenen Wohnungsunternehmen berät und unterstützt. In Schulungen wird inzwischen noch deutlicher gemacht, was die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Mietergremien sind, sodass das Zusammenwirken immer besser verstanden wird. Um Missverständnisse zu vermeiden: Mir geht es nicht darum, zu sagen, was nicht möglich ist – ich will zeigen, was möglich ist. Der Austausch dazu ist mir wichtig. Bei Netzwerktreffen der Mietergremien bin ich in der Regel persönlich dabei. Jetzt Newsletter abonnieren und nichts mehr verpassen! E-Mail Ich stimme zu, dass die Gewobag mir per E-Mail den Newsletter zusendet und dabei die auf mich bezogenen Nutzungsstatistiken auswertet. Die Datenschutzerklärung habe ich gelesen. Meine Einwilligung kann ich jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Abonnieren In vielen Teilen der Gesellschaft ist spürbar, dass die Bereitschaft zum Ehrenamt schwindet. Welche Risiken drohen, wenn sich niemand mehr in den Mieterbeiräten engagiert? Stephan Machulik: Ohne die Ideen und Rückmeldungen aus der Mieterschaft wäre die Quartiersentwicklung sehr viel schwieriger. Bei Dingen, die das Wohnumfeld oder das gemeinschaftliche Zusammenleben betreffen, hilft es enorm, wenn Impulse aus der Mitte der Gesellschaft kommen – in diesem Fall direkt aus den Quartieren. Ohne das Engagement der Mieterbeiräte lassen sich diese Impulse aber kaum transportieren. Davon abgesehen: Ein solches Amt kann auch sehr erfüllend sein. Etwas mitzugestalten, macht Spaß! Herr Machulik, bis Anfang Juli laufen in neun Gewobag-Quartieren Wahlen zum Mieterbeirat. In den vergangenen Jahren waren die Wahlbeteiligungen nicht gerade hoch. Ihr Plädoyer: Warum sollten MieterInnen an der Wahl teilnehmen? Stephan Machulik: Weil man mit seiner Stimmabgabe automatisch sagt: Mich interessiert mein Quartier, ich will mein Wohnumfeld mitgestalten. Damit die eigenen Vorstellungen gehört werden, sind Personen nötig, die die Interessen der Mieterschaft weitertragen – und das sind die Mieterbeiräte. Vielleicht kennt man einige der Kandidatinnen und Kandidaten persönlich oder zumindest vom Sehen, dadurch ist automatisch ein Bezug, ein Bild oder ein Vertrauensverhältnis da. Mit seiner Stimme entscheidet man sich bewusst für jemanden, der die eigenen Wünsche wirksam vertreten kann, der zur Ansprechperson wird. Und selbst, wenn man die Kandidatinnen und Kandidaten nicht kennt, bleibt eines unberührt: Menschen, die sich für die Gesellschaft einsetzen, sollte man unterstützen. Und wenn’s nur mit einem kleinen Kreuz ist. Vielen Dank für das Gespräch. Titelfoto: Ralph Maak
Gewobag-Quartierbüros mit neuen Sprechzeiten: Kein Termin? Kein Problem! Seit Februar haben Gewobag-MieterInnen mehr Möglichkeiten, Fragen rund um ihr Mietverhältnis in einem der Gewobag-Quartierbüros vor Ort zu klären. Alle Infos auf einen Blick.
Neuer Gewobag-Mieterrat: „Miteinander diskutieren – nicht gegeneinander“ Mit dem Mieterrat ist das zentrale MieterInnengremium der Gewobag in diesem Jahr neu gewählt worden. Welche Personen die Interessen der Mieterschaft vertreten und an welchen Prozessen sie beteiligt sind? Ein Einblick.