Ein junger Mann schaut mit erhobenem Daumen in die Kamera. Im Hintergrund ist ein BSR-Fahrzeug zu erkennen. Foto: Ralph Maak

Sperrmülltag in Staaken: „Ohne Eigenengagement geht es nicht“

Im Quartier Heerstraße Nord ist Sperrmüll ein Dauerthema. Ein Netzwerk mit vielen engagierten AnwohnerInnen zeigt vor Ort, wie sich die Situation in der Spandauer Wohnsiedlung verbessern lässt – mit Erfolg!

Sieghild Brune weiß, dass es anders geht – anders gehen muss: „Wir wollen einfach, dass es hier sauber ist“, sagt die Bewohnerin des Spandauer Quartiers Heerstraße Nord, die auch Mitglied einer Interessenvertretung von MieterInnen ist. Gemeinsam mit weiteren engagierten NachbarInnen beteiligt sie sich deshalb an einem Freitagnachmittag im Oktober trotz kühler Temperaturen am sogenannten Sperrmülltag – dem bereits fünften seiner Art in diesem Jahr.

Acht vorwiegend ältere Personen, die vor einem BSR-Fahrzeug stehen und in die Kamera schauen. Foto: Ralph Maak
Martin Schmidt (l.), Sieghild Brune (4. v. l.), Christopher Ortmann aus dem Mieterbeirat der Gewobag (2. v. r.) und weitere engagierte MieterInnen aus dem Quartier Heerstraße Nord. Foto: Ralph Maak

Sperrmüll: Kostenfaktor und Gefahr

Dass man in Berlin mal auf eine durchgelegene Matratze stößt, die unrechtmäßig an der nächstbesten Straßenlaterne entsorgt wurde, ist leider nicht ungewöhnlich, bleibt aber ein Ärgernis. Fakt ist: Niemand möchte in seinem Wohnumfeld unsachgemäß „entsorgten“ Müll ertragen müssen – auch nicht im Gewobag-Quartier an der Heerstraße Nord.

Für die Menschen vor Ort ist der Sperrmüll nicht nur unschön anzusehen, sondern ein zusätzlicher Kostenfaktor, denn für die Entsorgung müssen sie über die Betriebskostenabrechnung selbst aufkommen. Zudem stellt der Sperrmüll eine Gefahr für die Nachbarschaft und ihre Umgebung dar, in der es in den vergangenen Jahren eine beispiellose Brandserie gab. Für die Brandvorfälle bietet der Sperrmüll Zunder – im wörtlichen wie im übertragenen Sinne.

Nachbarschaftliches Engagement

Wie sich die Situation verbessern lässt? Sieghild Brune und ihre MitstreiterInnen wissen: „Ohne Eigenengagement geht es nicht.“ Deshalb schlossen sich die MieterInnen-Vertretungen der Gewobag und der Adler-Gruppe zusammen und riefen die Initiative „Bunt & Sauber“ ins Leben, die vom Gemeinwesenverein Heerstraße Nord e.V. unterstützt wird. Seit 2021 organisieren alle Beteiligten die regelmäßig stattfindenden Sperrmülltage an wechselnden Orten im Quartier, an denen AnwohnerInnen ihren Sperrmüll kostenlos abgeben können. „Im Schnitt sammeln wir 5,5 bis 7 Tonnen Sperrmüll pro Termin ein“, weiß Christopher Ortmann aus dem Mieterbeirat der Gewobag.

„Das Engagement, das die MieterInnen mit ihren Sperrmüllaktionen beweisen, ist wirklich besonders“, sagt Linda Enghusen, eine der QuartierskoordinatorInnen der Gewobag. „Sie verbinden die Nachbarschaft und übernehmen Verantwortung für ihr Wohnumfeld. Wir sind sehr froh, dass wir bei solchen Aktionen unterstützen können.“ Beim Sperrmülltag im Oktober kam die Gewobag für den BSR-Einsatz auf und unterstützte so ihrerseits das Vorhaben. Und auch das Bezirksamt beteiligte sich an den Kosten der Veranstaltung.

Mit vereinten Kräften bietet man den AnwohnerInnen dabei die Möglichkeit, ihren Sperrmüll ordnungsgemäß zu entsorgen. „Unser Ziel ist es unter anderem, die Sperrmüllkosten und damit unsere Betriebskosten zu senken“, sagt Christopher Ortmann und hofft dabei auf die Kooperation seiner NachbarInnen: „Ich wünsche mir mehr Rücksicht von den Menschen und dass sie unsere Aktionstage auch nutzen.“

Sperrmülltag: Abholung an der Haustür

Damit das auch all jenen ermöglicht wird, die ihre ausrangierten Möbel nicht selbst zum Treffpunkt bringen können, organisiert Anwohner Martin Schmidt eine kostenlose Transport- und Tragehilfe. Dafür stellt er ein Team mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus der Gegend zusammen, die den Sperrmüll bei Bedarf per Lastenrad an der Haustür abholen. „Der Service wird auf jeden Fall gut genutzt. An einem Aktionstag hatten wir mal ganze 24 Aufträge, die uns fast an die Kapazitätsgrenzen gebracht hätten“, freut sich der Organisator.

Die HelferInnen erhalten für ihren Einsatz einen vom Bezirksamt bezahlten Obolus. Martin Schmidt betont aber, dass es um weit mehr geht: „Ganz wichtig ist auch der soziale Aspekt“. Soibjon Akhmedov sieht es genauso. Der junge Tragehelfer aus Usbekistan lebt seit drei Jahren in Staaken. Er freut sich einerseits, Menschen helfen zu können und andererseits, neue Kontakte zu knüpfen: „Als ich herkam, kannte ich fast niemanden. Die Mitarbeit bei den Sperrmülltagen hilft mir, Freunde zu finden und mich schneller zu integrieren.“

Wiederverwenden statt Wegwerfen

Ein besonderes Highlight der Sperrmülltage ist der fast schon traditionelle Schenk- und Tauschmarkt. Dabei finden ausgemusterte Gegenstände und Möbel eventuell doch noch ein neues Zuhause. „Was noch zu gebrauchen ist, wird nicht direkt weggeschmissen, sondern auf unserem kleinen Schenk- und Tauschmarkt angeboten“, erklärt Petra Winter vom Gewobag-Mieterbeirat. Erst, wenn sich im Lauf des Tages keine neuen BesitzerInnen gefunden haben, enden die Tauschgüter im Sperrmüll.

Die Sperrmülltage sind ein gutes Beispiel dafür, was Eigeninitiative von MieterInnen bewirken kann. Insbesondere die Signalwirkung kommt bei den NachbarInnen an: „Aus der Mieterschaft gibt es nur positive Resonanz“, sagt Christopher Ortmann. Zwar werden die Aktionstage allein das Sperrmüllproblem nicht lösen können, nachhaltige Wirkung entfalten sie aber allemal. Sei es durch die Aufmerksamkeit, die sie für das Thema Sperrmüll schaffen – oder das Miteinander, das aus ihnen erwächst.

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Auch im Kampf gegen alltäglichen Müll engagieren sich verschiedene AkteurInnen in Staaken. Musikvideo: Gemeinwesenverein Heerstraße Nord e.V.

Titelfoto: Ralph Maak

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