Diverse Gruppe von Menschen posiert bei einem Nachbarschaftsfest mit Pflanzen und Gartenzubehör.

Zehn Jahre „Grüne Blase“: Eine Oase für die Gemeinschaft

Im Quartier Heerstraße Nord bewirtschaften engagierte MieterInnen einen Gemeinschaftsgarten, der längst zur festen Instanz geworden ist. Die Jubiläumsfeier in Spandau zeigt: Hier geht es um weit mehr als Blumen und Gemüse.

Kinderlachen, Laubrascheln, Wasserplätschern, Insektensummen – wer mittwochnachmittags im Quartier Heerstraße Nord die Ohren spitzt, wird das bunte Treiben im Gemeinschaftsgarten hören. Um 15:30 Uhr geht es los. „Der Termin ist mittlerweile ein fester Bestandteil unseres Wochenplans“, sagt Ivanka Kasnar, Mitarbeiterin der Familienwohnung im Kiez. „Die Kinder wissen, dass am Nachmittag Gartenzeit ist. Wenn wir mal nicht pünktlich sind, wird schon geklingelt: ‚Wo seid ihr?‘“

Die Familienwohnung im Kiez des Trägers Casablanca zählt zu den wichtigen Initiativen, die im Spandauer Ortsteil Staaken das nachbarschaftliche Miteinander fördern. Sie nutzt den Gemeinschaftsgarten, den die BewohnerInnen „Grüne Blase“ getauft haben, regelmäßig. Seit mittlerweile zehn Jahren macht die kleine Oase das Areal am Blasewitzer Ring 32 grüner und geselliger.

Zahlreiche Hochbeete werden dort bewirtschaftet – von Tomaten über Kartoffeln bis zu Erdbeeren ist alles dabei. „Aber es geht nicht nur um die Pflege der Beete, sondern auch ums gemeinschaftliche Arbeiten – generationenübergreifend, zusammen mit SeniorInnen und Kindern“, sagt Ivanka Kasnar. Allerdings musste die Begeisterung für den Gemeinschaftsgarten erst wachsen.

Anfängliche Skepsis ist verflogen

„Als der Gemeinschaftsgarten gegründet wurde, waren die NachbarInnen empört“, erinnert sich Mieterin Brigitte Reimer. Dort, wo jetzt der Garten ist, war zuvor eine unberührte Wiese. „Plötzlich wurde sie aufgerissen, und es sah nicht mehr ordentlich aus. Die AnwohnerInnen fragten sich, was das Ganze werden sollte.“

Brigitte Reimer, die bereits seit vielen Jahrzehnten im Quartier wohnt, konnte den Missmut schon damals nicht verstehen. „Ich fand die Idee von Anfang an super und habe auch viel bei den NachbarInnen für den Garten geworben“, erzählt sie. Sie genießt es, von ihrer Wohnung im zwölften Stock das lebhafte Miteinander im Garten zu beobachten, und ist froh über die Entwicklung der letzten zehn Jahre. „Es ist super, dass die Familienwohnung im Kiez im Garten aktiv ist. Dadurch werden die Kinder spielerisch ans Gärtnern herangeführt. Sie kommen begeistert nach Hause und erzählen ihren Eltern davon. So beteiligen sich immer mehr Familien und übernehmen ein eigenes Hochbeet.“

Auch Stefanie Herrmann ist durch ihren Sohn auf den Gemeinschaftsgarten aufmerksam geworden. „Für ihn war das damals eine super Beschäftigung, um rauszukommen, aktiv zu sein und etwas zu erleben“, erzählt sie. „Und für mich war es eine gute Gelegenheit, um Leute kennenzulernen und einfach ein bisschen Teil der Nachbarschaft zu sein.“ Seit zehn Jahren ist sie mit Leidenschaft dabei – und heute sogar Sprecherin der Gartengruppe. „Ich liebe es, zu pflanzen, dabei zuzusehen, wie alles wächst, und freue mich jedes Mal, wenn man etwas ernten kann.“

Jubiläumsfest zum zehnjährigen Bestehen

Beim Fest zum zehnjährigen Jubiläum, das Mitte Juli im Gemeinschaftsgarten gefeiert wurde, war Stefanie Herrmann natürlich auch dabei – trotz Unwetter. Kinderschminken, Kuchenbasar, Eis, das Gewobag-Spielmobil und Live-Musik sorgten für ausgelassene Stimmung. Und wo sollte man sich im Sommer mehr über einen Regenschauer freuen als im Garten? Stefanie Herrmann und ihr Garten-Team nahmen das Wetter jedenfalls gelassen. „So müssen wir wenigstens nicht so viel gießen.“

Auch Nakissa Imani Zabet vom Quartiersmanagement Heerstraße war von Anfang an dabei und beim Jubiläum vor Ort, freute sich über den hohen Andrang beim Fest. „Ich bin immer wieder erstaunt von dem Engagement der BewohnerInnen“, sagt sie. Denn ohne diese Bereitschaft würde das Projekt nicht funktionieren. „Ein Gartenprojekt braucht eine klare Struktur und Koordination. Als Quartiersmanagement sind wir für die Bewohnerinnen und Bewohner ansprechbar, aber uns ist wichtig, dass die Verantwortung vorwiegend in der Gemeinschaft liegt.“

„Für mich war der Garten
eine gute Gelegenheit,
um Leute kennenzulernen
und einfach ein bisschen
Teil der Nachbarschaft zu sein.“

Stefanie Herrmann,
heute Sprecherin der Gartengruppe

Und die wird immer größer: Zu Beginn hatte die Gartengruppe etwa fünf Mitglieder, über die Jahre habe sich die Zahl stabil bei 15 bis 17 Mitgliedern eingependelt. Neue MitstreiterInnen sind immer gern gesehen. Wer Interesse an einem Hochbeet hat, kann sich einfach beim Quartiersmanagement Heerstraße melden.

Ebenfalls essenziell für das Bestehen des Gemeinschaftsgartens ist die Finanzierung. Als größter Flächeneigentümer und Wohnungsanbieter im Quartier war die Gewobag von Beginn an Kooperationspartner. Sie hat nicht nur die Flächen für das Projekt bereitgestellt, sondern kümmert sich seitdem aktiv um den Erhalt des Gartens. „Zum Glück unterstützt uns die Gewobag finanziell – dadurch können wir neue Anschaffungen wie Pflanzen, Werkzeuge oder kleine Feste organisieren. Das trägt wirklich zum Gemeinschaftsgefühl bei“, sagt Ivanka Kasnar.

Unterstützung durch die Gewobag

„Als kommunales Wohnungsunternehmen fördern wir Gemeinschaftsgärten, weil sie das nachbarschaftliche Miteinander stärken, zur ökologischen Aufwertung beitragen und zur aktiven Mitgestaltung im Quartier einladen“, sagt Linda Enghusen, eine der QuartierskoordinatorInnen der Gewobag. Zuletzt wurden unter anderem eine Wasserpumpe und ein Schlauch installiert. „Früher musste man jedes Mal mit der Gießkanne loslaufen – das ist jetzt deutlich einfacher“, sagt Ivanka Kasnar. Auch Sitzgelegenheiten wurden bereitgestellt. Beim Gartenjubiläum ist die neueste Errungenschaft aufgestellt worden: eine rote „Plauderbank“, die zum Austausch einlädt, zugleich aber auch ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen darstellt.

Großaufnahme des Schildes eines Aktionsstandes. Aufschrift: "Gewobag Recycling-Rallye - Aus Müll kleine Schätze basteln". Im Hintergrund bastelt ein Kind. Foto: Felix Seyfert
Auch das Recyclingmobil der Gewobag war beim Jubiläumsfest vor Ort. Das Ziel: spielerische Sensibilisierung für den Umgang mit Müll. Foto: Felix Seyfert

Einen Alltag ohne Gemeinschaftsgarten? Den können sich die NutzerInnen nach zehn Jahren gar nicht mehr vorstellen. Und Ideen für die Weiterentwicklung gibt es ohnehin immer. Für die Zukunft gibt es längst weitere Pläne.

Ivanka Kasnar wünscht sich einen Sonnenschutz, der an heißen Sommernachmittagen Schatten spendet. Auf der Wunschliste von Nakissa Imani Zabet stehen dagegen Beet-Umrandungen. „Außerdem möchten wir den Nachbarschaftstreff und einige Hochbeete um eine Bienenwiese erweitern, um die Artenvielfalt zu fördern und dem Garten weitere Farbakzente zu geben“, sagt sie.

Aber klar: Eine bunte Oase inmitten der Hochhäuser ist die „Grüne Blase“ auch jetzt schon. Und Dank des Engagements der Bewohnerinnen und Bewohner wird sie das hoffentlich noch lange bleiben.

Titelfoto: Felix Seyfert

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