Trainer Rainer Langenheim läuft auf der Stelle und animiert umstehende Menschen während eines Sportfestes zum Mitmachen. Foto: Andreas Labes

Rollbergesiedlung in Bewegung: Neuer Ort für Sport und Begegnung

Im Reinickendorfer Gewobag-Quartier fördert ein neuer Bewegungsparcours Fitness und Austausch. Das Eröffnungsevent zeigt: Hier entsteht ein lebendiger Treffpunkt für Jung und Alt, der Aktivität und Gemeinschaft vereint.

Das Lächeln auf ihren Lippen lässt keinen Zweifel: Saskia Schild ist zufrieden. Auf dem neuen Bewegungsparcours in der Rollbergesiedlung hat die Rentnerin gerade ihre Alltagsfitness getestet und überdurchschnittlich gut abgeschnitten. Stolz zeigt sie ihrem Ehemann Rainer das Heft mit ihren Ergebnissen. Beweglichkeit, Reaktion, Kraft – alles top. Dabei gab es anfangs einige Widrigkeiten zu überwinden. 

Es ist Ende Mai, als der neue Bewegungs- und Begegnungsort im Reinickendorfer Quartier eingeweiht wird, doch das Wetter bleibt zunächst unbeständig. Regen beschert dem kleinen Sportfest eine Zwangspause, ehe es richtig begonnen hat. Schade für die teilnehmenden MieterInnen, deren Wünsche und Bedürfnisse bei der Konzeption der Anlage miteinbezogen wurden; schade auch für das Organisationsteam, das unter anderem aus Kräften des Stadtteilzentrums Rollberge, des Quartiersmanagements Titiseestraße, des TSV Berlin-Wittenau und der Gewobag besteht.  Das Gute: Der Elan bleibt vom Wetter unberührt.

Aus Neugier wird Aktivität

Saskia Schild hatte ihren Fitnesstests schon vor dem Schauer begonnen. Gleich zum Start des Events war sie auf dem kleinen Platz an der Schluchseestraße 77 aktiv, absolvierte ein Hanteltraining und weitere Übungen, ehe der Regen kam und die AnwohnerInnen vorerst in ihre Wohnungen trieb. Dennoch: Die ersten BesucherInnen zeigten, dass das neue Angebot Neugier weckt. „Für uns ist es immer kostbar, direkte Begegnungen mit den Menschen zu haben“, sagt eine Mitarbeiterin aus dem Team des Quartiersmanagements. „Nicht alle sind auf digitalen Wegen unterwegs. Wir wollen mit den Leuten ins Gespräch kommen und erzählen, welche Angebote es gibt. Dabei können wir auch herausfinden, wen was anspricht.“

Einer, dessen Ansprache definitiv ankommt, ist Rainer Langenheim, der sich selbst als Kombination aus seinem Vornamen und seinem Beruf „der TRainer“ nennt. Mit dem „fröhlichen Kiezspaziergang“ und der „fröhlichen Hockergymnastik“ ist der zertifizierte Gesundheitstrainer und Übungsleiter des TSV Berlin-Wittenau für einen Großteil des regelmäßigen Bewegungsprogramms für die Älteren im Quartier betraut. Als sich der Regen verzieht, leitet er spontan ein fröhliches Warm-up ein. „Los, alle mitmachen!“ Gesagt, getan.

Auf der Stelle laufen, die Arme nach vorn strecken, die Hände auf die Schultern legen und rechts nach vorn, links nach hinten kreisen. Gar nicht so einfach, aber das durch die Koordinationsübungen herbeigeführte Gelächter entlockt vorbeischlendernden Mieterinnen und Mietern ein Lächeln und zieht Neugierige an – so wie die zwölf Jahre alte Serin.

Mit ihren großen braunen Augen schaut sie sich zunächst allein um, fragt, was sie hier alles machen könne, freut sich über eine kostenlose Brezel und bringt anschließend einen Schwung junger Mädchen und Jungs mit, die begeistert das Smoothie-Bike des Restlos Glücklich e.V. umringen: „Ich kann einen Smoothie mit dem Fahrrad machen? Echt?! Ich möchte zuerst“, ruft Serin und bringt mit kräftigen Tritten den Mixer in Gang, der auf dem Gepäckträger des Rades befestigt ist. Als sie den Saft aus Mandarinen, Kiwis, Bananen, Pfirsich und Zitronen probiert, ist die Begeisterung groß: „Der ist ja gar nicht sauer!“

Ein Trainer baut Berührungsängste ab

Rentnerin Saskia Schild streift unterdessen mit ihrem Mann Rainer über das Areal und probiert die unterschiedlichen Geräte aus. Der neue Bewegungsparcours, der in Zusammenarbeit von Gewobag und Gesobau unter fachlicher Beratung des TSV Berlin-Wittenau errichtet wurde, ist ausdrücklich auch auf die Bedürfnisse älterer Menschen ausgerichtet. „Gemeinsam mit dem Mieterbeirat haben wir analysiert, welche Angebote es schon gibt und welche wir brauchen“ sagt Julia Rabensdorf, Quartierskoordinatorin der Gewobag. Neben einem Sitzfahrrad, einem Rückentrainer, einer Balancierbank, einem Stufentrainer und einer Anlage für Schulterbeweglichkeit, steht eine große Calisthenics-Anlage.

Weil sie vielfältige Möglichkeiten bieten, mit dem eigenen Körpergewicht zu trainieren, sind Calisthenics-Anlagen in den vergangenen Jahren in Berlin immer beliebter geworden. So ganz selbsterklärend sind sie allerdings nicht. „Die jungen Leute probieren meist einfach aus, gerade bei den Älteren ist aber wichtig, dass wir uns den Geräten gemeinsam annähern, damit sie sicher trainieren und Berührungsängste ablegen können“, sagt Trainer Rainer Langenheim. Der TSV Wittenau hat deshalb zugesagt, die Anlage einmal pro Woche zu betreuen.

Neuer Bewegungs- und Begegnungsort im Quartier

Gerade im Sommer eröffnet der Outdoor-Platz mehr Möglichkeiten, vor allem, da die Räumlichkeiten im Stadtteilzentrum begrenzt sind. Bei der beliebten Hockergymnastik, in der Saskia Schild den letzten Platz ergattern konnte, kann Rainer Langenheim aktuell niemanden mehr aufnehmen, doch nun gibt es im Quartier eine neue Option an der frischen Luft. Saskia und Rainer Schild zeigen sich angetan. Sie probieren gern Neues aus und finden es gut, Teil einer Gemeinschaft zu sein. „Das ist leider nicht bei allen so“, sagt Saskia Schild, „aber das Angebot ist auf jeden Fall da.“

Serin und ihre Freundinnen sind derweil zur Station der Kinder- und Jugendbeteiligung „Sag mal!“ weitergezogen. Hier probieren sie aus, wie viele Springseilsprünge und Klimmzüge sie innerhalb einer Minute schaffen und wie lange sie auf einem Balanceboard stehen können. Nebenan schließt Saskia Schild ihren Alltagsfitnesstest ab. Und: Inzwischen kämpfen sich sogar Sonnenstrahlen durch die Wolken. Ein kleines Happy End für das Sportfest, das einen Vorgeschmack auf die künftige Nutzung des Bewegungsparcours gibt. Mit neuer Infrastruktur für Gesundheit, Bewegung und Begegnungen. Und mit offenen Menschen wie Serin und Saskia Schild, die die neue Anlaufstelle im Quartier mit Leben füllen.    

Titelfoto: Andreas Labes

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