Aufnahme aus der Vogelperspektive: Ein Fußballkäfig, der an den Rändern mit Herbstlaub bedeckt ist. In der Mitte steht eine Person. Foto: Felix Seyfert

Ein Platz für Fairplay, Freundschaft und mehr: Offenes Fußball-Angebot in Buckow

Keine Anmeldung, keine Kosten, stattdessen „einfach kommen und mitmachen“: Im Quartier Buckower Höfe bietet der NeNa e.V. zweimal pro Woche Trainingseinheiten für Kinder an. Ein Konzept, bei dem es um weit mehr geht als ums Kicken.

Es ist ein sonniger Herbstnachmittag an der Ringslebenstraße 78 in den Buckower Höfen. Kinder in Kapuzenpullis und Turnschuhen rennen über einen Bolzplatz, dreschen den Ball auf die Tore oder an den Gitterzaun rundherum. „Stark, der war perfekt, der wäre fast eingeschlagen“, lobt Linus. Der 27-Jährige wirkt, obwohl doppelt so alt wie die Jungs auf dem Feld, mehr wie ein großer Bruder, der aufmuntert und Tipps gibt. Tatsächlich ist er ein Übungsleiter, der hier auf Honorarbasis ein Projekt betreut.

Denn dort, zwischen Hochhäusern und Grüninseln, hat sich ein offenes Fußballangebot etabliert, das mehr ist als ein Spiel. Es ist Treffpunkt, Lernort und Freizeitförderung im Süd-Neuköllner Quartier. In Kooperation mit der Gewobag führt der Verein NeNa von April bis Oktober zwei Trainings pro Woche durch, die offen sind für alle Quartierskinder bis 13 Jahre. Auch Turniere gibt es regelmäßig.

Szene aus einem Fußballkäfig: Ein Kind und ein Jugendlicher spielen sich den Ball zu, ein weiteres Kind steht daneben und schaut zu. Foto: Felix Seyfert
Zeigt den Kids Tricks, ermutigt, gibt Tipps und vermittelt Werte: Linus (helle Jacke) vom NeNa e.V. Foto: Felix Seyfert

Vielfalt auf dem Bolzplatz

Die Expertise dafür hat sich der Kiez-Netzwerker erarbeitet. „Der Name NeNa e.V. kommt von Netzwerk Nachsorge, wir kommen eigentlich aus der Kliniknachsorge“, erklärt Gerold Ramos, Geschäftsführer des Vereins, der ursprünglich Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche suchte, die gerade aus dem Krankenhaus entlassen waren. „Früher haben wir nur vermittelt. Inzwischen machen wir vieles selber, weil wir gemerkt haben: Da fehlte ein Angebot für Kids im Kiez.“ Ramos beschreibt den Vermittlungsansatz am Telefon so: „Wir sind heute Logistiker im sozialen Bereich.“

Das Angebot in den Buckower Höfen ist dabei bewusst einfach gehalten: Kinder können ohne Anmeldung vorbeikommen, mitspielen und gehen, wann sie wollen. An sommerlichen Tagen zählt das Trainerduo bis zu 25 Teilnehmende. „Wer kommt, kann kommen. Man muss keinen Antrag ausfüllen“, sagt Ramos. Der Ansatz nimmt Hürden wie Kosten, Sprachbarrieren oder Bürokratie – wichtige Gründe, damit Familien mit Migrations- oder Fluchthintergrund das Angebot annehmen.

Aufnahme aus der Hintertor-Perspektive: Kinder in einem Fußballkäfig, auf dem Herbstlaub liegt. Foto: Felix Seyfert
Der Fußballkäfig im Gewobag-Quartier Buckower Höfe am südlichen Rand Neuköllns. Foto: Felix Seyfert

„Das Training ist eine wahnsinnig gute und wichtige Ablenkung vom Stress rundherum“, sagt Linus, einer der Übungsleiter, während er mit den Kindern ein lockeres Dribbelspiel anleitet. Er selbst spielt in einem Kreuzberger Verein und bezeichnet sich mit einem Lächeln eher als Strukturgeber statt als Trainer. Das zeigt sich auch in der Art, wie er mit den Kindern umgeht: Lob, kleine Korrekturen, Tricks zeigen – und immer wieder das Spiel als Schule für Umgangsformen betonen.

Offen und flexibel, aber klare Werte kicken mit

Auf dem Platz herrscht eine Mischung aus Lockerheit und klaren Regeln. Die Trainer setzen auf Respekt, gewaltfreie Kommunikation und die Einbindung Jüngerer. „Fairplay steht an erster Stelle“, sagt Ramos. Linus und sein Mitstreiter Ibo, der Sozialarbeiter ist, koordinieren die Einheiten als Autoritätspersonen ohne Strenge, leiten Aufwärmen und Spielformen und organisieren bei Bedarf Turniere, wenn viele Kinder kommen. Falls es nass und rutschig ist, passen sie das Programm spontan ans Wetter an. Ende Oktober ist auch ein größeres Turnier geplant mit Musik, Essen und Flutlicht auf dem Käfigplatz. Die Gewobag fördert es mit Material und Bekanntmachung, NeNa organisiert es.

„Es ist eine Community geworden.
Die sind mega fair zueinander,
das funktioniert tipptopp.“

Linus,
Übungsleiter des NeNa e.V.



Gerold Ramos spricht von der langfristigen Perspektive: „Wenn Kinder sagen, wir möchten mehr und im Verein spielen, dann vermitteln wir auch. Wir führen mit den Eltern Mitgliedsanträge aus oder erklären, was Kosten bedeuten.“ Einige Kinder haben bereits den Schritt geschafft und spielen jetzt in Vereinsmannschaften. Andere wiederum, für die das nichts ist, finden hier eine Heimat.

Unterstützung durch die Gewobag


Die Gewobag wirkt als finanzieller und organisatorischer Partner mit: Sponsoring, Material und die Unterstützung eines weiteren Übungsleiters wurden im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung geregelt. „Die Gewobag bringt Herzblut mit“, sagt Ramos; das Wohnungsunternehmen denke auch inhaltlich mit, so dass die Kooperation nicht nur monetär, sondern auch konzeptionell wirkt.

Es sind vor allem die vielen kleinen Begebenheiten und Begegnungen auf dem Platz, die den Charakter des Projekts ausmachen. „Spielen hier macht Spaß, Linus ist gut“, sagt ein zwölfjähriger Junge aus der Nachbarschaft knapp. Früher war er im Verein, jetzt komme er hierher – um Freunde zu treffen, die viele der Jungs geworden sind, die er vorher nur vom Sehen kannte.

Ansicht von hinten: Ein Junge in schwarzem Kapuzenpullover bei einem Kopfball in einem Fußballkäfig. Foto: Felix Seyfert
Projekt mit Köpfchen: Beim Fußball-Angebot des NeNa e.V. geht es nicht nur um Bewegung, sondern auch um soziale Aspekte. Foto: Felix Seyfert

Hier kommen sie ins Gespräch und ins Miteinander und lassen sich nicht von älteren Jungs vom Bolzplatz verdrängen oder zu weniger lehrreichen Freizeitaktivitäten verleiten. „Es ist eine Community geworden“, bilanziert Linus. „Die sind mega fair zueinander, das funktioniert tipptopp.“

Auf Seiten der Gewobag begleitet Florence Dezoteux als Quartierskoordinatorin das Projekt. Sie sieht darin eine Möglichkeit, den Bolzplatz für eine größere Gruppenvielfalt zu öffnen. Da wo vorher hauptsächlich Jugendliche gespielt haben, teilen sich diese nun die Fläche mit jüngeren Kindern. „Der Platz hat großes Potenzial“, sagt sie. Die professionelle Anleitung sorge dafür, dass Kommunikation, Regeln und Nachbarschaftspflege vermittelt würden.

Angebot mit verbindender Kraft

Die formale Kooperationslaufzeit, die im April 2025 begann, läuft bis März 2026; eine Entscheidung über Fortführung soll bis Ende 2025 getroffen werden. Alle Seiten stehen dem positiv gegenüber. Ramos betont die Notwendigkeit stabilerer Finanzierungswege: „Wir kriegen Gelder vom Jugendamt, aber es ist nie klar, wie es im kommenden Jahr weitergeht. Spenden sind willkommen, und es gibt permanenten Förderbedarf.“ Wer sich ehrenamtlich einbringen wolle, könne das gern tun.

Niedrigschwellige Angebote wie dieses schaffen Zugänge zu Bewegung, sozialen Kontakten und langfristig Strukturen, so wie Block B, ein eigenes Jugendzentrum von NeNa e.V. in Buckow. An diesem Bolzplatz in der Nähe wird sichtbar, wie auch kleine Angebote große Wirkung entfalten: Sie schaffen Alltagsräume ohne Handy, sie ermöglichen Freundschaften zwischen Kindern, die einander vorher oft nur flüchtig kannten. Das nächste Ziel ist, dass bald mehr Mädchen kommen. Vielleicht ja schon im nächsten Frühling, wenn in den Buckower Höfen wieder laut und fröhlich gekickt wird.

Titelfoto: Felix Seyfert

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