Imman Alraai – die gute Seele vom Emstaler Platz 19. Dezember 2025Lesedauer: 6 Min. Artikel anhören Player schließen Im Gewobag-Quartier Tegel Süd gilt sie als „Bürgermeisterin der Herzen“: Imman Alraai bereichert ihr Wohnumfeld mit herausragendem sozialen Engagement – und das seit vielen Jahren. Nun ist sie für ihr Wirken ausgezeichnet worden. Imman Alraai hat eine besondere Gabe. Sie schafft es, dass sich Menschen heimisch fühlen. Wer die Kiezstube im Gewobag-Quartier in Tegel Süd betritt – sei es mit der Unsicherheit eines ersten Besuchs, mit einem Anliegen oder einfach für ein nachbarschaftliches Gespräch –, spürt den Effekt sofort: Ein Blick in das freundliche Gesicht von Imman Alraai, schon weicht die Anspannung einem wohligen Gefühl. Manche nennen die 61-Jährige „die gute Seele vom Emstaler Platz“ oder „Bürgermeisterin der Herzen“. Zu diesen inoffiziellen „Titeln“ hat sich inzwischen ein offizieller gesellt, denn seit Ende November ist Imman Alraai Gewinnerin des Andreas-Höhne-Preises. Mit dem Reinickendorfer Integrationspreis wurde sie für ihr herausragendes Engagement und Teilhabe für eine offene, vielfältige Gesellschaft ausgezeichnet. „Es war ein richtiges und wichtiges Zeichen von der Jury und dem Bezirk, Imman zu ehren“, sagt Silke Jensen, Gewobag-Quartierskoordinatorin in Tegel Süd. „Sie öffnet immer wieder Räume für Menschen, die sonst keine Räume haben.“ Jetzt Newsletter abonnieren und nichts mehr verpassen! E-Mail Ich stimme zu, dass die Gewobag mir per E-Mail den Newsletter zusendet und dabei die auf mich bezogenen Nutzungsstatistiken auswertet. Die Datenschutzerklärung habe ich gelesen. Meine Einwilligung kann ich jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Abonnieren Frauenfrühstück und vieles mehr Am Emstaler Platz wohnt Imman Alraai schon seit 1990. Als die Gewobag und der Humanistische Verband Berlin-Brandenburg 2017 das interkulturelle Nachbarschaftsprojekt „Miteinander im Kiez“ ins Leben riefen, fragten die Verantwortlichen, ob Imman unterstützen würde. Seitdem arbeitet sie in der Kiezstube. „Es ist so leicht mit ihr zu arbeiten. Sie ist loyal, für vieles offen und hat super viele Ideen“, sagt Yanina Schustermann, die das Projekt seit 2023 leitet. „Imman war schon lange vor uns beiden hier im Kiez und hat den Menschen an allen Ecken und Enden geholfen. Dank ihrer Ideen konnten wir viele Angebote ausbauen und die Kiezstube bei den Anwohnenden bekannter und zugänglicher machen“, sagt Silke Jensen. Beliebte Anlaufstelle im Quartier: Imman Alraai (Mitte) hat in der Kiezstube ein Frauenfrühstück etabliert. Foto: City-Press GmbH 2022 hat Imman ein Frauenfrühstück ins Leben gerufen. Die Frauen treffen sich einmal im Monat in der Küche der Kiezstube, bereiten gemeinsam ihren Brunch vor oder geben den mitgebrachten Leckereien den letzten Schliff. Imman ist meist schon um 8 Uhr da. „Alle kommen mit Lust und Liebe, manche bleiben sogar bis 13 Uhr und freuen sich über ein paar Stunden ohne ihre Männer“, sagt sie. Dabei lacht sie laut, und ihr Gesicht strahlt vor kindlichem Vergnügen. Ehrenamtlicher Einsatz für die Gemeinschaft An jedem ersten Montag im Monat findet in der Kiezstube die Lange Tafel statt. Es wird gemeinsam mit Mieterinnen und Mietern gekocht und gegessen. Daraus ist 2019 das Buch „der Kiez kocht“ entstanden, das 26 Rezepte aus verschiedensten Teilen der Welt enthält, samt kleinen Porträts der Anwohnerinnen und Anwohner, die sie eingereicht haben – mit dabei ist natürlich auch Imman. Donnerstags bieten die Projektleitung Yanina Schustermann und Imman Alraai die wöchentliche Sprechstunde für Unterstützung mit behördlichen Angelegenheiten an, die sehr gut angenommen wird. Und auch an den anderen Tagen ist viel los in der Kiezstube: Mittwochs kommt die Canasta-Spielgruppe, es gibt einen Kindertreff, Smartphone- und Handyhilfe und eine Kreativwerkstatt für selbstgeschriebene Texte. Für den wöchentlichen Deutschkurs hat Imman ihre Tochter als Sprachlehrerin akquiriert. Imman Alraais Tätigkeit war zunächst ehrenamtlich. Von 2020 bis 2025 konnte sie im Rahmen einer Arbeitsmaßnahme als Sozialassistentin beim Humanistischen Verband beschäftigt werden. Doch auch danach ist Imman Alraai der Kiezstube treu geblieben. Sie macht einfach weiter, jetzt wieder ehrenamtlich. Imman Alraai gibt Menschen ein warmes Gefühl – und das nicht nur mit heißem Tee. Foto: City-Press GmbH Das Telefon klingelt. Immans Sohn ist dran: „Habibi, Mama arbeitet noch“, sagte sie. Yanina Schustermann grinst liebevoll und sagt: „Eigentlich arbeitet Imman hier Vollzeit. Ständig klingelt ihr Telefon, alle wollen etwas von ihr. Wir müssen aufpassen, dass sie nicht zu stark beansprucht wird.“ Imman lacht. „Keine Sorge. Ich mache, was mir passt, Habibi“, sagt sie und legt Yanina ihre Hand auf den Arm. Imman sagt gern „Habibi“. Es ist arabisch und bedeutet so viel wie „mein Schatz, meine Liebe“. Imman liebt die Gemeinschaft in Tegel Süd und ihre Arbeit. „Das ist meine zweite Heimat hier“, sagt sie. „Ich habe mich nie als Ausländerin gefühlt“ Ihre erste Heimat ist Homs in Syrien. 1988 kam sie der Liebe wegen nach Berlin, ihre erste Wohnung war in Charlottenburg. Ihre vier Kinder sind in Berlin geboren. 1990 brauchte die Familie eine größere Wohnung und zog nach Tegel. Imman erinnert sich an die Grünfläche hinter dem Emstaler Platz: „Bis zum Kamener Weg war alles Wald. Wir hatten morgens Angst, durchzugehen, weil es so dunkel war.“ Sie erinnert sich an den Abenteuerspielplatz mit Wasser und daran, wie sie im Sommer mit ihren Freundinnen auf dem Platz saß, während die Kinder Fußball spielten. „Mein Sohn liebte Fußball“, sagt sie. Hat immer ein offenes Ohr und einen guten Rat: Imman Alrrai. Foto: City-Press GmbH Sie war damals 27 und die einzige arabische Frau. „Guck mal, Habibi, ich sage dir eine Sache.“ Diesen Satz sagt Imman Alraai häufig, dabei legt sie einem die Hand auf den Arm und man hat besser einen Stift parat, um sich die folgenden Weisheiten zu notieren. „Ich habe mich nie als Ausländerin gefühlt“, sagt Imman. „Ja, als ich damals mit zwei kleinen Kindern hierherkam, war ich fremd. Dieses Gefühl ist nicht einfach. Aber ich habe meine Persönlichkeit mitgebracht“, sagt sie. „Ich konnte mich schon immer gut integrieren. Ich wusste: Ich komme aus einer guten Familie, habe eine gute Ausbildung, habe in Syrien bei der Eisenbahn gearbeitet und ich bin hübsch. Ich bin nicht besser als andere, aber sie sind auch nicht besser als ich.“ Vermittlerin mit vielen Talenten Schnell sammelte sie Freundinnen, war überall dabei und organisierte Aktivitäten – im Kindergarten, in der Schule bei Festen oder auf dem Spielplatz. Die deutsche Sprache brachte sie sich auf diesem Weg selbst bei. „Die Männer haben irgendwann gefragt: Wer ist diese arabische Frau, zu der alle gehen wollen? Sie nannten mich Big Mama“, verrät sie. 2014 erlebte Imman einen Schlüsselmoment. Bei einem Rechtsanwalt hörte sie einen arabischen Augenarzt mit zwei Männern diskutieren. Die Männer sprachen deutsch miteinander und dann wieder auf Arabisch mit ihm. „Weil ich beide Sprachen konnte, habe ich mitbekommen, dass sie ihn anlügen“, erzählt sie. Sie nahm den Arzt zur Seite, klärte ihn auf und gab ihm ihre Telefonnummer. Später half sie ihm und seiner Familie, eine Wohnung zu finden. Für Menschen mit Migrationshintergrund ist Imman Alraai eine besonders wertvolle Helferin. Foto: City-Press GmbH Immer mehr Menschen sprachen Imman in der Folge an. Mal ging sie mit zum Jobcenter, mal betreute sie Nachbarschaftskonflikte in der Kiezstube. „Wir haben Imman oft mitgenommen zum Übersetzen, aber nicht nur zum Übersetzen der Sprache“, sagt Silke Jensen. Imman kann auch Perspektiven und Bedürfnisse übersetzen, zum Beispiel, warum sich eine ältere Person, die schon lange im Haus lebt und vorher sehr ruhige Nachbarn hatte, von der Lautstärke der neuen HausbewohnerInnen gestört fühlt. Genauso kann sie transportieren, warum es für eine junge Familie mit Kindern nicht so leicht ist, dasselbe Level an Ruhe zu halten wie ihre kinderlosen VorgängerInnen. Brückenbauerin im Quartier „Imman schafft es, zwischen allen zu vermitteln“, sagt Quartierskoordinatorin Silke Jensen. Ihre Vermittlungsfähigkeit hat ihr den Namen „Brückenbauerin“ eingebracht. Eine Bezeichnung, die Silke Jensen und Yanina Schustermann auch verwendet haben, als sie Imman Alraai für den Andreas-Höhne-Preis vorgeschlagen haben. „Beim Bearbeiten der Unterlagen wurde mir nochmal klarer, was Imman alles macht. Daher freut es mich umso mehr, dass wir allein schon durch den Nominierungsprozess mehr Licht auf ihr Engagement geworfen haben“, sagt Silke. Ihr Zuhause: In Tegel Süd lebt Imman Alraai bereits seit 1990. Foto: City-Press GmbH Unter dem Motto „WIR sind Vielfalt“ fand die Verleihung am 25. November im Hermann-Ehlers-Haus in Alt-Wittenau statt. Imman war unter den elf Nominierten. „Als dann mein Name fiel, habe mich gefühlt wie auf dem roten Teppich“, sagt Imman. Sie erhielt den ersten Preis für ihr über 35 Jahre währendes Engagement in Tegel Süd, für ihren Einsatz als Brückenbauerin zwischen Kulturen und den Aufbau von Vertrauen im Kiez. „Es ist so ein wichtiges Zeichen, Imman zu ehren“, sagt Silke Jensen. „Sie ist so ein leuchtendes Beispiel für gelebte Inklusion, Nachbarschaftshilfe und interkulturelles Miteinander. Sie engagiert sich mit außergewöhnlicher Energie, Kontinuität und Herzlichkeit.“ Imman selbst fasst ihr Wirken in ihrer eigenen punktgenauen Art zusammen. Sie sagt: „Gib Respekt, dann bekommst du Respekt.“ Titelfoto: City-Press GmbH
Mit Rap ins Rampenlicht: Hip-Hop-Projekt stärkt Jugendliche in Tegel-Süd Alltagserlebnisse werden zu Texten, aus Frust wird Energie: In einem Rap-Workshop der Gewobag und ihrer Stiftung Berliner Leben lernen Kids, wie sie ihren eigenen Sound kreieren. Über ein Projekt, in dem es um weit mehr geht als Musik.
Start von HausWart Plus: „Ich weiß, dass es gut laufen wird.“ Seit dem 1. Juli arbeiten die ersten HauswartInnen der neuen Gewobag-Tochtergesellschaft in ausgewählten Beständen. Geschäftsführerin Doris Grabe spricht über die intensive Vorbereitung – und erklärt, was sich ändern wird.