Rendering Neubauprojekt Allee der Kosmonauten aus leicht erhöhter Positionen, im Vordergrund ist ein Wohnhochhaus abgebildet.

Viel Platz auf wenig Raum

Das im Bau befindliche Hochhaus an der Allee der Kosmonauten liefert Lösungsansätze für die städtebaulichen Herausforderungen des Hier und Jetzt. Architekt Ekkehart Keintzel gibt Einblicke in den Planungsprozess – und verrät, was das Gebäude besonders macht.

Manche Straßennamen laden förmlich zu Wortspielen ein. Die Allee der Kosmonauten ist so einer. „Die Gewobag möchte hier hoch hinaus, im wahrsten Sinne des Wortes“, beschrieb Vorstandsmitglied Markus Terboven die eigenen Ziele bei der Grundsteinlegung des neuen Hochhauses in Mahrzahn-Hellersdorf am Mittwoch (11. Januar).

Berlins Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel hob vor Ort die soziale Dimension des Projekts hervor: „Heute legen wir einen Grundstein für die Zukunft Berlins. Es ist auch deshalb die Zukunft, weil wir hier sehen, dass es möglich ist, hoch und dicht zu bauen – und gleichzeitig bezahlbar und klimagerecht.“

Juliane Witt, Bezirksstadträtin für Stadtentwicklung, Umwelt- und Naturschutz, Straßen- und Grünflächen, fügte hinzu: „Berlin ist Vielfalt und auch unser Bezirk ist eine Kommune der Vielfalt. Hier leben viele Nationen und ich wünsche mir, dass sie auch in diesem Haus einen Ort des Miteinanders finden.“

V.l.n.r.: Mitglied im Vorstand der Gewobag Snezana Michaelis, Mitglied im Vorstand der Gewobag Markus Terboven, Senator für Stadtentwicklung, Wohnen und Bau Andreas Geisel und Bezirksstadträtin für Stadtentwicklung, Umwelt- und Naturschutz, Straßen- und Grünflächen Juliane Witt / Foto: Florian Pohl / City Press
Die Gewobag-Vorstände Snezana Michaelis und Markus Terboven bei der Grundsteinlegung des Hochhauses mit Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel und Bezirksstadträtin Juliane Witt (v.l.n.r.). Foto: Florian Pohl/City-Press GmbH

Mit 15 Geschossen und einem Staffelgeschoss wird das Hochhaus an der Ecke Marzahner Chaussee in mehrfacher Hinsicht das Aushängeschild des neu entstehenden Areals. Einerseits als markanter, weithin sichtbarer Eyecatcher; zum anderen durch seine Ausgestaltung mit bezahlbaren Wohnungen für 6,70 Euro pro Quadratmeter.

„Der ‚Leuchtturm‘ bildet den Auftakt für das neue Stadtquartier in unserer wachsenden Stadt“, sagte Gewobag-Vorstandsmitglied Snezana Michaelis: „Hier finden WBS-Berechtigte, StudentInnen, BerufseinsteigerInnen und PendlerInnen ein bezahlbares, neues Zuhause.“ Personengruppen also, die es in Berlin zunehmend schwer haben, eine Wohnung zu finden.

Neue Urbanität in Marzahn-Hellersdorf

Die Fertigstellung des Gebäudes, das 145 öffentlich geförderte Wohnungen umfasst, ist für 2024 geplant. Im Gesamtprojekt entstehen in fünf neuen Wohnblocks rund 1.000 Wohnungen, von denen etwa 450 an die Gewobag übergehen. Realisiert wird das Bauvorhaben als Joint-Venture mit dem Unternehmen Notus.

Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Quartiersentwicklung. Mit einem ausgewogenen Mix aus Wohnraum, Grün, Gewerbe, Gastronomie und Kindertagesstätte soll in Marzahn-Hellersdorf eine neue Urbanität mit lebenswertem Wohnumfeld entstehen. Dass die Hochhäuser der Vergangenheit diesbezüglich nicht den besten Ruf genießen, war dabei vor allem eines: Ansporn.

Tatsächlich haben viele Wohnhochhäuser aus früheren Jahrzehnten die in sie gesetzten Hoffnungen nur bedingt erfüllt – mancherorts sind anonyme Wohnsilos entstanden. Die damaligen Planungen und Konzeptionen hatten daran ihren Anteil. Heute weiß man: Gerade in den 1960er-, 1970er- und 1980er-Jahren stand der Effizienzgedanke zu sehr im Vordergrund. Ein Erfahrungswert, von dem sich inzwischen profitieren lässt.

Rendering Neubauprojekt Allee der Kosmonauten aus der Vogelperspektive. Es sind mehrere Baukörper abgebildet die mit Haus A (Wohnhochhaus), Haus B, Haus C, Haus D1 sowie Haus D2-D4 gekennzeichnet sind.
Das neue Gewobag-Quartier mit seinen fünf neuen Wohnblocks umfasst einen Mix aus Wohnraum, Grün, Gewerbe, Gastronomie und Kindertagesstätte. Rendering: Viiva Architekten GmbH

„Das Thema Gemeinwohlorientierung hat heute einen ganz anderen Stellenwert“, erklärt Ekkehart Keintzel, der das Hochhaus an der Allee der Kosmonauten mit seinem Büro Viiva Architekten geplant hat. „Es ist wichtig, dass die Menschen Begegnungsbereiche haben und gemeinsam nutzbare Orte existieren.“

Für das neue Gewobag-Hochhaus an der Allee der Kosmonauten stand deshalb von vornherein fest, dass es im Erdgeschoss einen Begegnungsbereich geben soll. Hier werden sich Kommunikationsmöglichkeiten und Treffpunkte finden, etwa in Form eines Quartierscafés, in dem auch MieterInnen-Veranstaltungen stattfinden können.

Wohnungen werden zu kleinen Platzwundern

Noch weit mehr Arbeit steckt in den Überlegungen zur Gestaltung der einzelnen Wohnungen. „Gemeinsam mit der Gewobag haben wir jeden Tisch, jeden Stuhl, jedes Küchenmöbel und jede Waschmaschine genau angeguckt und uns viele Fragen gestellt“, erklärt Ekkehart Keintzel.

Wo kann man noch schieben? Welche Flächen braucht man als Bewegungsflächen? Wie groß muss die Küchenzeile tatsächlich sein? „Am Ende haben wir Dreizimmerwohnungen mit 50 Quadratmetern so organisiert, dass sie zwar alle Merkmale einer Dreizimmerwohnung haben, aber nicht 75 Quadratmeter groß sind“, sagt der Architekt. „Dasselbe gilt für Zweizimmerwohnungen, die knapp über 40 Quadratmeter haben.“

Nach anfänglicher Skepsis, gut einem Jahr Detailplanung und Feinabstimmung mit der Gewobag stand am Ende die Erkenntnis: „Es ist sehr wohl möglich, auf einer kleinen Fläche hochwertige und zugleich einfache Grundrisse unterzubringen. In einem Hochhaus lassen sich nicht nur Luxuswohnungen realisieren“, so Keintzel.

Das Wohnhochhaus erlebt eine Renaissance

Raum, Platz, Fläche – diese Begriffe sind nicht nur für das Innenleben des Gebäudes zentral, sie erklären auch, weshalb das Konzept Wohnhochhaus in Städten wieder gefragt ist. Bezahlbarer Wohnraum ist in Berlin ohnehin knapp und der Zuzug hält an, gebraucht werden also dringend mehr Wohnungen. Zugleich bekommen ökologische Gesichtspunkte in der Stadtplanung immer mehr Gewicht. Mehr Grün ist gefragt, dafür soll es im urbanen Raum weniger versiegelte Flächen geben.

Das Bauen in die Höhe liefert in diesem Spannungsfeld einen Lösungsansatz. „Der geringe Flächenverbrauch ist ein ganz wesentlicher Punkt“, sagt Ekkehart Keintzel. „Hochhäuser sind vor diesem Hintergrund wieder attraktiv, weil sie viel Wohnfläche auf kleinem Footprint zulassen.“ Für den Architekten nicht der einzige Grund, der für die Höhe spricht. „Tatsächlich kann das Leben im Hochhaus eine gewisse mentale Freiheit mit sich bringen“, findet er. „Weiter oben hat man das Gefühl, sich ein Stück weit von den Sorgen des Alltags zu entfernen.“

Von Alltag ist das künftige Gewobag-Quartier zwar noch ein ganzes Stück entfernt, doch spätestens mit dem offiziellen Baustart sind die Weichen gestellt. Auf der Baustelle herrscht rege Betriebsamkeit, die Zukunft hat begonnen.

Der „Leuchtturm“ weist dabei als erstes Gebäude den Weg. „4.700 Quadratmeter Wohnfläche werden mit Leben gefüllt, dazu kommen etwa 120 Quadratmeter Gewerbefläche“, sagte Gewobag-Vorstandsmitglied Markus Terboven: „Wer hier einzieht, hat eine tolle Aussicht über Marzahn und eine großzügige Grünanlage mit Spielplatz, Flächen für Einzelhandel, Dienstleistungen sowie Stellplätze direkt vor der Tür.“ Ein Quartier mit Weitblick eben.

Titelbild: Viiva Architekten GmbH

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