„Love Letter from the Omabunker“: Starkes Statement in Schöneberg 7. August 2025Lesedauer: 4 Min. Artikel anhören Player schließen SeniorInnen aus dem Eckhaus Bülowstraße/Frobenstraße haben ihre Hauswand zu einem Kunstwerk gemacht. Über einen visuellen Liebesbrief, der Unsichtbares sichtbar macht, die BewohnerInnen verbindet und inspirierende Kraft verströmt. Einige PassantInnen bleiben neugierig stehen. Der Anblick, der sich am Eckhaus an der Bülow- und Frobenstraße in Berlin-Schöneberg bietet, ist spannend: Vor der Hausfassade des selbsternannten „Omabunkers“ steht eine beidseitig begehbare Leiter, an jeder Seite hält eine Person die Ecke eines neun Quadratmeter großen Plakates fest, während eine dritte versucht, die Papierbahn mit Kleister, Bürste und Teleskopstange an der Mauer glattzustreichen. Wenige Meter davor sitzen fünf ältere Damen auf weißen Plastikstühlen und dirigieren das Geschehen: „Es muss rechts etwas weiter hoch“, rufen sie. Die richtige Position zu finden, ist nicht leicht, das Großplakat besteht aus vier Bogenteilen, die teilweise überlappend geklebt werden müssen. „Jetzt ist ihre Nase doppelt“, stellt Ingrid fest, die auf ihrem Rollator sitzt, den Pudel ihrer Nachbarin Jana auf dem Schoß. Jana steht auf der Leiter und zieht den Papierbogen noch einmal ab. Zweiter Versuch. Alle sind aufgeregt. So ein Projekt haben die Bewohnerinnen und Bewohner der Bülow- und Frobenstraße noch nie durchgeführt. Mit vereinten Kräften entsteht aus einzelnen Puzzleteilen ein tolles Gesamtbild. Foto: Felix Seyfert Mit vereinten Kräften entsteht aus einzelnen Puzzleteilen ein tolles Gesamtbild. Foto: Felix Seyfert Mit vereinten Kräften entsteht aus einzelnen Puzzleteilen ein tolles Gesamtbild. Foto: Felix Seyfert Mit vereinten Kräften entsteht aus einzelnen Puzzleteilen ein tolles Gesamtbild. Foto: Felix Seyfert Mit vereinten Kräften entsteht aus einzelnen Puzzleteilen ein tolles Gesamtbild. Foto: Felix Seyfert Das Ziel: Unsichtbares sichtbar machen Die Community Wall ist eine Kooperation der Gewobag-Stiftung Berliner Leben und dem Urban Nation Museum in Rahmen von Stadtraum!Plus. Das Programm unterstützt und vernetzt AkteurInnen in der Nachbarschaft, stärkt die Perspektiven und damit die Lebensqualität in den Berliner Quartieren. Für das Projekt: „Love Letter from the Omabunker“, das sich auf die aktuelle Urban-Nation-Ausstellung bezieht, haben die Mieterinnen und Mieter gemeinsam mit dem Fresh-A.I.R.-Stipendiaten Dylan Mitro ein Konzept für die Hauswand entwickelt. Durch die künstlerische Plakatierung machen sie das Leben sichtbar, das hinter der Hausfassade passiert. Auf den Plakaten sind ihre Augen, ihre Gesichter und Ausschnitte aus ihrem Alltag zu sehen. „Wir sind zwar alt, aber wir wollen trotzdem sichtbar sein. Wir sind aktiv und eine schöne Gemeinschaft“, sagt Ingrid. „Ich hätte nicht gedacht, dass die Idee so wächst“, sagt Bewohnerin Catherine. Es war ihre Idee, das Berliner Projekt an die „Visages Villages“ von 2017 anzulehnen, das letzte Gemeinschaftswerk der französischen Filmemacherin Agnès Varda mit dem Street-Art-Künstler JR, in dem DorfbewohnerInnen fotografiert und als großformatige Porträts an Wände geklebt wurden – eine Hommage an das Alltagsleben und die Würde des Unsichtbaren. Auch das Projekt „La Dame Qui Colle“, bei dem seit 2021 lebensgroße Porträts von Frauen, die Gewalt überlebt haben, in stolzer Pose im Stadtraum gewürdigt werden, floss in Catherines Gedanken ein. Stiftung Berliner Leben gibt Impulse Die BewohnerInnen des „Omabunkers“ haben ihre eigenen Themen. Weil sich Obdachlose und Drogenkranke unbefugt Zutritt zu ihrem Haus verschafften, machten sie sich für einen Sicherheitsdienst stark. „Bevor die Security kam, haben wir viel Schlimmes erlebt“, sagt Mieterin Judith, die auch im Quartiersrat aktiv ist. „Wir sorgen dafür, dass man uns sieht. Wir sind sichtbar und haben keine Angst mehr.“ Aufgaben, die im Haus anfallen, packen die Bewohnerinnen gemeinsam an. Es gibt immer etwas zu tun und zu besprechen. „Die Kunstprojekte sind wie eine Erholung“, sagt Ingrid. Das macht immer so viel Spaß“, ergänzt Judith. Schritt eins: gemeinsame Begutachtung des Materials. Foto: Felix Seyfert Schritt eins: gemeinsame Begutachtung des Materials. Foto: Felix Seyfert Schritt zwei: Die einzelnen Bildteile werden gemeinsam an die Wand geklebt. Foto: Felix Seyfert Mittendrin: Künstler Dylan Mitro. Foto: Felix Seyfert Tolles Ergebnis: die beklebte Wand des „Omabunkers“. Foto: Felix Seyfert Tolles Ergebnis: die beklebte Wand des „Omabunkers“. Foto: Felix Seyfert Xenia Müller, Projektreferentin der Stiftung Berliner Leben, setzt immer wieder Impulse für die soziale Quartiersentwicklung im Schöneberger Norden und trägt Projekte an die BewohnerInnen heran. Im vergangenen Jahr war es ein Dots-Kunstwerk im Urban Nation Museum mit der Künstlerin Jazoo Yang. Die Community Wall ist noch persönlicher. „Die BewohnerInnen bilden eine echte Gemeinschaft und füllen sie mit jeder weiteren Aktion mit Leben. Das Wort ‚Community‘ könnte nicht passender sein“, sagt Müller. Drei Wochen hat die Gruppe gemeinsam mit dem kanadischen Künstler Dylan Mitro an dem Projekt gearbeitet. Mitro weilt im Rahmen des Fresh-A.I.R.-Programms der Stiftung Berliner Leben seit Januar für ein Jahr in Berlin. In seinem eigenen Projekt widmet er sich der Frage, wie sich gesellschaftliche Räume für die queere Community der nächsten Generation entwickeln. Die Kooperation mit dem „Omabunker“ zeigt beispielhaft, wie die Kunst der StipendiatInnen in die Gewobag-Quartiere hineinwirken. Mitro hat die Zusammenarbeit vor allem deshalb interessiert, weil er Überschneidungen sieht: „Besonders im queeren Leben ist die Idee der selbstgewählten Familie von großer Bedeutung, etwa bei der Frage, wer einen im späteren Leben unterstützt. Hier im „Omabunker“ gibt es eine tolle Verbindung zwischen den Bewohnerinnen und Bewohnern. Es ist schön zu sehen, wie sie sich gegenseitig unterstützen und jung halten, eine Gemeinschaft bilden. Sie haben sich eine selbstgewählte Familie geschaffen, was sich per se schon sehr queer anfühlt“, sagt der Künstler. Eine Aktion, die zusammenschweißt Dazu passt, dass das Kunstwerk zum Christopher Street Day fertiggestellt worden ist. „Da kommen so viele Leute durch die Straßen, die sehen: Hier wohnen Menschen, die Lebensfreude haben. Und auch, dass Alter ganz viel Schönheit in sich trägt“, sagt Bewohner Carsten. Die meisten der Aufnahmen hat er gemacht. Seit Carsten im April 2020 in das Eckhaus an der Bülow- und Frobenstraße gezogen ist, zückt er immer wieder seine Kamera, um Alltagsmomente festzuhalten. Viele davon sind auf dem Instagramprofil des „Omabunkers“ zu finden. Dazu gehört das Porträt von Carstens Nachbarin Mastoureh mit einem Haarschnitt im Stil der 1920er-Jahre, den sie sich selbst geschnitten hat. Dieses Bild klebt nun in einer Größe von 3,56 Meter mal 2,52 Meter an der Hauswand. „Huch, ich habe nicht gewusst, dass es so groß wird, aber es gefällt mir“, sagt Mastoureh lachend. MacherInnen: Die BewohnerInnen des „Omabunkers“ mit Künstler Dylan Mitro (2. v. l.) und Xenia Müller von der Stiftung Berliner Leben. Foto: Felix Seyfert Mann mit besonderem Blick: Fotograf Carsten ist selbst Bewohner des „Omabunkers“. Foto: Felix Seyfert Starkes Team: Dr. Anne Schmedding (l.) und Xenia Müller von der Gewobag-Stiftung Berliner Leben. Foto: Felix Seyfert Zwischen Künstler Dylan Mitro und den BewohnerInnen des „Omabunkers“ herrscht gute Stimmung. Foto: Felix Seyfert Original und Abbild ganz nah beieinander. Foto: Felix Seyfert Original und Abbild ganz nah beieinander. Foto: Felix Seyfert „Ich liebe meine Mädels und ich finde, dass sie schön sind. Das ist gelebtes Leben“, sagt Carsten und zeigt auf das andere Großplakat, auf dem Ingrid, einen Ellenbogen auf ihrem Rollator abgelegt, provokativ in die Kamera blickt. „Es geht einfach um Sichtbarkeit. Das sind die Menschen, die die Grundlagen geschaffen haben, damit wir so leben können, wie wir leben“, sagt Dylan Mitro. Allen ist klar, dass die künstlerisch gestaltete Wand Vandalismus und Zerstörungswut zum Opfer fallen kann. „Aber den Spaß, das Gekicher und Gemecker im Rahmen des Prozesses, das kann uns keiner mehr nehmen“, sagt Carsten. Auch Ingrid ist sich sicher: „Solche Ereignisse schweißen zusammen.“ Titelfoto: Felix Seyfert
Daumen hoch! Schöneberger „Omabunker“ rockt die Berliner Kunstszene Neben Abdrücken hinterlassen sie vor allem bleibenden Eindruck: Die BewohnerInnen des selbsternannten „Omabunkers“ haben in Schöneberg ein inspirierendes Kunstwerk geschaffen und sind nun Teil einer gefeierten Ausstellung. Über ein bewundernswertes Projekt.
Präsenter, schneller, besser: HausWart Plus nimmt den Betrieb auf Mit der Gründung der HausWart Plus Servicegesellschaft hat die Gewobag ein neues Kapitel aufgeschlagen. Das große Ziel: zufriedenere Mieterinnen und Mieter. Das offizielle Kick-off-Event zeigt, dass die Erwartung groß ist – genauso wie die Zuversicht.