Ein Feuerwehrauto steht vor einem Wohnblock

Nach Brand in der Bergfriedstraße: voller Einsatz für die MieterInnen

Die Brandstiftung im Keller eines Hochhauses in der Kreuzberger Bergfriedstraße hat das Krisenmanagement der Gewobag vor Herausforderungen gestellt. Über einen besonderen Fall, widrige Umstände und schnelle Entscheidungen.      

Das Szenario klingt wie ein Albtraum. Ein Brand im Keller eines Hochhauses, starke Rauchentwicklung und ein Feuerwehreinsatz in den frühen Morgenstunden, gefolgt von einer bitteren Bestandsaufnahme: Gas-, Wasser- und Stromversorgung sind durch das Feuer erheblich beschädigt, sodass sämtliche BewohnerInnen das Gebäude verlassen müssen. Das alles am Donnerstag vor Ostern – statt entspannter Festtagsstimmung herrscht plötzlich Krisenmodus. Die Ursache: Brandstiftung.   

Für rund 400 MieterInnen in der Bergfriedstraße 11 im Wassertorkiez in Kreuzberg ist dies Realität geworden. Sie alle mussten das 13 Stockwerke hohe Gebäude am Gründonnerstag verlassen, nachdem die Bauaufsicht das Haus komplett gesperrt hatte.

Großaufnahme des Hochhauses Bergfriedstraße 11 in Berlin-Kreuzberg
Das Hochhaus in der Bergfriedstraße 11 in Berlin-Kreuzberg vor dem Brand. Foto: Bernhardt Link

„Für unsere MieterInnen war das eine sehr, sehr belastende Situation“, sagt Sabine Kunert, Teamleiterin der Gewobag für Kreuzberg und Schöneberg, „das ist mehr als verständlich.“ Umso engagierter gingen sie und ihre KollegInnen beim Krisenmanagement zu Werke. „Wir haben all unsere anderen Aufgaben stehen und liegen lassen“, so Kunert – wohlwissend, dass dadurch an anderer Stelle Unzufriedenheit entstehen kann.   

190 Mietparteien brauchen plötzlich eine Bleibe

Nun erfordern besondere Situationen nicht nur besonderen Einsatz, sondern auch schnelle und passende Entscheidungen. Die Herausforderung: Nicht für jeden Notfall gibt es eine Patentlösung, stattdessen werden Festlegungen benötigt, die der jeweiligen Situation Rechnung tragen. Peter Burgfried, Prokurist und Leiter Bestandsmanagement der Gewobag, betont: „Das war eine absolute Ausnahmesituation.“

Anders als bei den Brandfällen an der Heerstraße in Spandau war die Zahl der betroffenen Wohnungen in Kreuzberg extrem hoch. „Wir haben noch nie so viele MieterInnen auf einen Schlag versorgen müssen“, berichtet Kunert.

Alles in allem fällt die Bilanz des Krisenmanagements trotz der immensen Aufgabenfülle positiv aus. „Wir sind insgesamt gut aufgestellt“, sagt Peter Burgfried, „aber natürlich gibt es immer Dinge, die man noch besser machen kann. Wir analysieren, wie wir einzelne Abläufe und Strukturen weiter optimieren können.“

Peter Burgfried, Prokurist und Leiter Bestandsmanagement der Gewobag, im Gespräch
Peter Burgfried, Prokurist und Leiter Bestandsmanagement der Gewobag, im Gespräch. Foto: Harry Schnitger

Insgesamt 190 Mietparteien waren am Gründonnerstag plötzlich ohne Wohnung. Wo also bleiben? Eine Frage, auf die Sabine Kunert mit ihrem Team schnell Antworten finden wollte. Während einige KunderberaterInnen Sprechstunden im Wassertorkiez abhielten, klemmten sich andere an die Telefone.

Das große Ziel: möglichst viele Hotelzimmer organisieren – eine Aufgabe, die in Zeiten des Ostertourismus noch anspruchsvoller ist als ohnehin, zumal es sich bei etlichen Mietparteien um Familien handelt, die mitunter zwei oder gar drei Doppelzimmer benötigen.

Organisation und Zahlung von Hotelzimmern

„Als Vermieter fühlen wir uns für unsere MieterInnen verantwortlich“, sagt Kunert, die von den Hotels zahlreiche Absagen bekam, mit ihrem Team aber rund 40 Zimmer organisieren konnte. Nicht alle davon wurden in Anspruch genommen.

Eine weitere Besonderheit: Der Brand fiel nicht nur in die Zeit der Osterferien, sondern auch in die des Ramadan. Eine Hotelunterbringung empfanden einige MieterInnen deshalb als nicht angemessen, weil dort keine Möglichkeit besteht, selbst zu kochen.

Während einige MieterInnen privat Unterkünfte fanden, ergatterten andere selbstständig Hotelzimmer. Die Übernachtungskosten übernahm auch hier bis zu einer festgelegten Obergrenze die Gewobag – übrigens ein freiwilliger Schritt, der dem Selbstverständnis des Unternehmens entspricht, für den es aber keine rechtliche Verpflichtung gibt. Neben der Gewobag bemühte sich in Notfällen auch das Bezirksamt um Hilfe bei der Unterbringung. Die Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt hat hier gut funktioniert.

Knackpunkt Kostenübernahme

Da die BewohnerInnen der Bergfriedstraße 11 überwiegend über geringe Einkommen verfügen, waren viele Mietparteien nicht imstande, bei der Übernahme von Hotelkosten in Vorkasse zu gehen. Eine weitere Hürde: Nicht jedes Hotel ist bereit, die Kostenübernahme-Erklärung der Gewobag als „vorläufiges Zahlungsmittel“ zu akzeptieren. Ein Umstand, der die Buchung von Zimmern für das Unternehmen erschwert, weshalb geprüft wird, ob sich für derartige Fälle in Zukunft andere Lösungen realisieren lassen.

Gebäudezugang und Sprechstunden

Auch in der Bergfriedstraße 11 nahmen die Hilfsmaßnahmen zu diesem Zeitpunkt längst Form an. Neben der zunächst erfolgten Notsicherung durch den Dienstleister Fletwerk stand hierbei die Kommunikation im Fokus.

Aushänge im und am Haus gaben Auskunft über die Situation und die vorhandenen Hotelkontingente, versehen mit Notfalltelefonnummern von Fletwerk und Anbietern von Tragediensten, die beim Verlassen der Wohnung Hilfe leisten. In einem nahegelegenen Hauswartstützpunkt standen zudem drei KundenberaterInnen für Auskünfte bereit, händigten auch Kostenübernahme-Erklärungen für die Hotelübernachtungen aus.

Ferner bewachte ein von der Gewobag organisierter Sicherheitsdienst rund um die Uhr das gesperrte Gebäude. MieterInnen, die persönliche Gegenstände oder Dokumente aus ihren Wohnungen benötigten, wurde dies in Begleitung ermöglicht.

Fortlaufendes Info-Update

Am Dienstag nach Ostern – über die Feiertage war für die MieterInnen Fletwerk ansprechbar – richtete die Gewobag an der Bergfriedstraße eine Sprechstunde ein, AnsprechparterInnen fanden sich nicht nur im Hauswartbüro, sondern auch im Quartiersbüro im Neuen Kreuzberger Zentrum (NKZ).

„Wir haben die Informationen fortlaufend aktualisiert“, sagt Sabine Kunert, deren Team auch versuchte, die MieterInnen telefonisch zu erreichen. Eine weitere Herausforderung: Nicht von allen Mietparteien sind aktuelle Telefonnummern hinterlegt.

Während es unmittelbar nach Ostern aufgrund der angespannten Situation noch reichlich Klärungsbedarf gab, waren die dringendsten Fragen ab Mittwoch geklärt. Womit das Krisenmanagement keineswegs abgeschlossen war.

Sabine Kunert, Teamleiterin der Gewobag-KundenberaterInnen für Kreuzberg und Schöneberg, steigt eine Treppe hinauf.
Sabine Kunert, Leiterin der Gewobag-KundenberaterInnen für Kreuzberg und Schöneberg, tat mit ihrem Team ihr Möglichstes, um den MieterInnen in ihrer misslichen Lage zu helfen. Foto: Tina Merkau

BewohnerInnen erhalten elektrische Kochplatten

Seit dem 20. April – genau zwei Wochen nach dem Brand – ist der Großteil des Hauses zwar wieder freigegeben, allerdings zunächst ohne intakte Gasversorgung. Um den BewohnerInnen das Kochen zu ermöglichen, haben Kunert und ihr Team über Einzelbestände der Firma Fletwerk elektrische Kochplatten organisiert. Wer kein Gerät erhielt, bekam die Zusage, ähnliche, selbstgekaufte Geräte bei der Gewobag in Rechnung stellen zu dürfen.

Langsam aber sicher nähert sich das Leben in der Bergriedstraße damit wieder dem Alltag, und auch Sabine Kunert und ihr Team hoffen wieder auf geordnetere Zeiten. „Es ist unheimlich schwer, die Abläufe für Fälle wie diesen zu planen“, sagt sie, „denn die Situationen unterscheiden sich sehr stark.“ Art und Ausmaß der Schäden, Bewohnerstruktur und nicht zuletzt zusätzliche Erschwernisse wie Feiertage machen Lösungen nach Schema F fast unmöglich.

Klar ist indes: Sabine Kunert und ihr Team haben ihr Möglichstes getan, um den MieterInnen in ihrer misslichen Lage zu helfen. „Das Feedback in den Sprechstunden war von der Mehrheit der BewohnerInnen dankbar und freundlich“, zieht die Teamleiterin Bilanz, „aber natürlich gibt es auch MieterInnen, die unheimlich frustriert sind.“ Angesicht der Strapazen, die durch den Brand entstanden sind, verständlich – und zugleich ein Ansporn. Dafür, das Krisenmanagement mit den gewonnenen Erfahrungswerten weiter zu verbessern.  

Viele Folgeaufgaben

Auch wenn das Gros der Wohnungen wieder bezogen wurde: Bis die Folgen des Brandes vollständig beseitigt sind, bedarf es weiterer Anstrengungen. So kann zum Beispiel die Gasversorgung erst dann wieder erfolgen, wenn die Gasleitungen jeder einzelnen Mietpartei überprüft wurden. In einigen Wohnungen müssen zudem Rußschäden beseitigt werden, ferner sind diverse Malerarbeiten vonnöten – hinzu kommen die Schäden, die im Keller des Hauses entstanden sind. Nicht zu vergessen: Auch die Abwicklung mit der Versicherung wird einige Zeit in Anspruch nehmen.

Titelfoto: dpa/picture alliance

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