Blonde Frau sitzt und schaut nachdenklich aus einem Fenster. Sie trägt einen braunen Hoodie, eine helle Hose und hält eine Tasse.

Wohntipps gegen den Winterblues

Müde, melancholisch und irgendwie antriebslos? Gerade GroßstädterInnen spüren ihn in der kalten und dunklen Jahreszeit – den Winterblues. Wohnpsychologin Barbara Perfahl verrät Tipps, die die Stimmung heben.

Kurze Tage, viel Dunkelheit und kalte Temperaturen: Bei vielen Menschen wirken sich die Wintermonate negativ auf die Psyche aus. Der sogenannte Winterblues kann sich durch anhaltende Müdigkeit, fehlende Energie oder Niedergeschlagenheit bemerkbar machen.

Gerade in Großstädten drückt der Winter auf das Gemüt. Studien zeigen, dass das Risiko, psychisch zu erkranken, bei StadtbewohnerInnen deutlich höher ist – sei es durch den Lärm der Autos, den Dreck auf den Straßen oder das Gefühl der Anonymität.

Umso wichtiger ist es, dass die eigene Wohnung im Winter zur Komfortzone wird. Die Wohnpsychologin Barbara Perfahl beschäftigt sich vor allem mit der Frage, wie Räume auf Menschen wirken und was man braucht, um glücklich zu wohnen. Im Gespräch gibt sie hilfreiche Tipps, wie man dem Winterblues in den eigenen vier Wänden entkommt.


Sonnenschein bringt Menschen meist zum Strahlen, Frau Perfahl. Welchen Einfluss hat ungemütliches Winterwetter auf die Stimmung?

Barbara Perfahl: Einen trüben! Wir brauchen die Sonne, um Vitamin D zu bilden. Aber auch unsere Aktivitäts- und Ruhezyklen sind vom Tageslicht beeinflusst. Und wenn es so früh dunkel wird, haben wir weniger aktive Phasen und weniger Energie. Das schlägt auf die Laune.

Gern wird in diesem Zusammenhang vom Winterblues gesprochen. Was genau verbirgt sich dahinter? Eine Art Depression?

Barbara Perfahl: Man muss hier unterscheiden: Es gibt Formen der Depression, die wirklich jahreszeitenabhängig sind. Sie werden Winterdepressionen genannt und äußern sich meist mit klassischen Symptomen depressiver Erkrankungen. Ab einem bestimmten Grad sollte therapeutische Unterstützung hinzugezogen werden.

Das, was aber die meisten Menschen im Winter erleben, ist eher eine Stimmungsbeeinträchtigung – der sogenannte Winterblues. Das hat noch nicht das Ausmaß einer Depression, bei der jemand wirklich psychisch krank ist. Dennoch beeinträchtigt der Winterblues uns, indem wir weniger positiv gestimmt sind und weniger Energie haben.

Warum leiden GroßstädterInnen häufiger unter dem Winterblues?

Barbara Perfahl: Ich denke, dass Menschen auf dem Land auch im Winter tendenziell mehr draußen in der Natur unterwegs sind als Menschen in der Großstadt. Obwohl es draußen trüb ist, dringen die Sonnenstrahlen im Winter zu uns durch. Das heißt, wer im Winter öfter raus muss, bekommt automatisch mehr Licht ab.

gemütliches Wohnzimmer, draußen schneit es
Licht kann die Stimmung positiv beeinflussen und hat – richtig eingesetzt – eine entspannende Wirkung. Ein Effekt, der sich in der eigenen Wohnung nutzen lässt. Foto: AdobeStock

Kann auch die eigene Wohnung die Stimmung verschlechtern?

Barbara Perfahl: Ja, unbedingt. Wir verbringen einen Großteil unserer Zeit in Räumen – man geht von durchschnittlich 90 Prozent der Lebenszeit aus! Dabei ist unser ganzes System, also Körper, Geist und Psyche, eigentlich auf ein Leben in der Natur ausgerichtet. Wir Menschen sind aber sehr anpassungsfähig und können uns auch in geschlossenen Räumen wohlfühlen. Diese Räume sind jedoch nicht immer optimal gestaltet. Dann werden sie zu Energieräubern, die Stress erzeugen und insofern großen Einfluss auf unsere Befindlichkeit haben. 

Was können wir dagegen ganz konkret im Winter tun?

Barbara Perfahl: Im Winter ist es besonders wichtig, dem Lichtmangel entgegenzuwirken. Wir können uns zwar kein Sonnenlicht in die Wohnung zaubern, aber wir können unser Gehirn mit Lampen austricksen.

Hauptsache hell? Oder gibt es noch andere Aspekte zu beachten?

Barbara Perfahl: Es ist wichtig, ausreichend Lichtquellen in jedem Raum zu haben. Meiner Erfahrung nach haben die meisten Menschen zu wenig Lampen. Das Minimum pro Raum: eine Deckenleuchte plus drei kleine Lampen.

Außerdem sollte man auf eine warme, angenehme Lichtfarbe achten. Neonröhren an der Wohnzimmerdecke sind keine gute Lösung. Ich empfehle dieses typische Glühbirnenlicht, das dem Tageslicht schon näherkommt. Es gibt auch Tageslichtlampen, die die Lichtfrequenz von echtem Tageslicht imitieren. Die kommen übrigens auch bei Depressionen zum Einsatz.

Eine Frau hält ein Smartphone in der Hand, mit dem sie die Farbe einer Lampe steuern kann.
Eine Tageslichtlampe regt den Körper dazu an, mehr Serotonin auszuschütten. Das hat positive Auswirkungen auf die Stimmung – gerade in der dunklen Jahreszeit. Foto: GettyImages

Haben Sie noch weitere Licht-Tipps?

Barbara Perfahl: Ich habe in meinem Zimmer einen künstlichen Kamin. Schon die Tatsache, dass ich auf dessen „Flamme“ gucken kann, gaukelt meinem Hirn vor, dass ich am Kaminfeuer sitze. Und alles, was mit Feuer zu tun hat, nehmen wir als sehr positiv und stimmungsaufhellend wahr. Man kann sich aber auch mit Kerzen etwas von der Wärme eines Feuers in die Wohnung holen.

Auch Farben können bekanntlich unsere Stimmung aufhellen. Welche Töne helfen im Winter?

Barbara Perfahl: Im Winter tun uns wärmere Farben gut, zum Beispiel Gelb, Orange oder Rot. Weiße Wände hingegen wirken kalt. Bevor jetzt alle zu Farbe und Pinsel greifen, sollte man sich aber auch fragen: Welche Farben mag ich persönlich? Ich kann das sonnigste Gelb in meiner Wohnung haben, wenn ich aber Gelb als Gestaltungsfarbe nicht mag, dann wird mich das auch nicht glücklich machen.

Es muss ohnehin nicht gleich eine Renovierung sein. Bunte Kissen, Tagesdecken und Teppiche bringen ohne große Kosten Farbe in die Wohnung. Auch Bilder und Fotos sind eine effektive Methode: Ein Bild, über das ich mich beim Vorbeigehen freue, ist ein total wirksames Einrichtungsmittel, um die Stimmung aufzuhellen. Ich nenne das emotionale Kontaktpunkte, also Dinge, an die ich emotional positiv andocke. Und vielleicht hilft auch schon ein bunter Blumenstrauß weiter. Tulpen bringen dieser Tage den nahenden Frühling ins Haus.

Eine ältere Frau sitzt in eine Decke gehüllt auf einem Sofa. Sie hat die Augen geschlossen und hält eine Tasse in den Händen.
Manchmal machen Kleinigkeiten den Unterschied. Das kann auch eine farbige Decke sein, in die man sich einkuschelt. Foto: GettyImages

Welche weiteren Wohntricks helfen gegen den Winterblues?

Barbara Perfahl: Es gibt Menschen, die brauchen weniger Reize in ihrer Umgebung, damit sie sich wohlfühlen. Andere wiederum brauchen es ein bisschen opulenter. Grundsätzlich kann man aber sagen, dass die meisten Menschen eher zu vielen Reizen in ihrer Wohnung ausgesetzt sind.

Also kann schon Aufräumen ein positives Wohngefühl schaffen?

Barbara Perfahl: Es gibt da einen einfachen Trick: Wenn ich schlechte Laune habe, gehen meine Mundwinkel nach unten. Ich kann aber einfach so tun, als hätte ich gute Laune, indem ich eine halbe Stunde lang grinse – das wird meine Laune automatisch verbessern. Der lächelnde Gesichtsausdruck führt dazu, dass ich meine Stimmung als positiver wahrnehme. Ähnliches gilt für die Wohnung. Wenn ich in meinen Räumen Ordnung schaffe, wirkt sich das positiv auf mein inneres Empfinden aus. So lässt sich Melancholie überlisten.

Eine Frau kniet vor einem ordentlich aufgeräumten Regalschrank und räumt Handtücher hinein.
Ordnung ist das halbe Leben? Zumindest kann eine ordentliche Wohnung den Wohlfühlfaktor steigern – und die Stimmung verbessern. Foto: AdobeStock

In Berlin gibt es viele Singlehaushalte. Haben Sie Tipps für Menschen, die allein in kleinen Wohnungen leben?

Barbara Perfahl: Wenn ein Raum mehrere Funktionen hat, sollten diese optisch klar getrennt sein, das heißt, ich schaffe Zonen, die sofort klarmachen: Dort ist mein Wohnbereich, da ist mein Arbeitsbereich und hier esse ich. Solche Zonen lassen sich durch Raumtrenner oder Teppiche erzeugen, die unter den Esstisch oder die Couch gelegt werden. Auch Lichtinseln sind in kleinen Wohnungen wichtig. Jeder Funktionsbereich sollte eine eigene Beleuchtung haben. Ein einfaches Mittel, das Orientierung schafft.

Vielen Dank für das Gespräch!

Zur Person

Dr. Barbara Perfahl ist Psychologin und arbeitet seit 2008 vor allem im Bereich der Wohnpsychologie. Dabei beschäftigt sie sich mit dem Einfluss von Räumen auf das Wohlbefinden und berät sowohl Privatpersonen in Einrichtungsfragen als auch Firmen bei der Gestaltung von Büroräumen. Zudem veröffentlicht sie Ratgeber und schreibt auf ihrem Blog zum Thema Wohnpsychologie.

Titelfoto: GettyImages

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