Fußball-Nationalspieler Maximilian Mittelstädt dribbelt während eines Länderspiels mit dem Ball nach vorn. Foto: Imago

Vom Spandauer Talent zum Shootingstar der Nationalmannschaft

Was für ein Aufstieg: Erst im März gab der Berliner Maximilian Mittelstädt sein Debüt im DFB-Team, aktuell stand er bei der Fußball-EM schon dreimal in der Startelf. Mit dem Kicken begonnen hat er im Gewobag-Kernbezirk Spandau. Über seine Wurzeln, wichtige Prägungen und den Wert von Vorbildern.

Natürlich sind sie stolz beim SC Staaken – auf Maximilian Mittelstädt, den Fußball-Nationalspieler, der die Karriere im Jugendbereich des Spandauer Vereins begann. Jugendleiter Michael Kreßner betont allerdings, dass Mittelstädt „nicht der erste Nationalspieler ist – wir hatten schon mal einen, aber vor dem Krieg“. Gemeint ist Hans „Hanne“ Berndt, der 1937/1938 drei Länderspiele bestritt und aus Staaken kam. Lange her, doch stolz sein können die Staakener auf ihre Jugendarbeit damals wie heute.

Ortsbesuch auf dem Vereinsgelände, kurz vor Beginn der Europameisterschaft. Während sich Mittelstädt mit der deutschen Nationalelf auf das Turnier vorbereitet, trainieren Nachwuchskicker an einem strahlend-sonnigen Tag im Sportpark Staaken auf Kunstrasen, umgeben von Sitztribünen aus Beton und dem Clubcasino aus Backstein. Bestes Amateurfußballfair.

Entscheidende Prägung in Spandau

Einer der vielen Zuschauenden – Eltern, Spieler und Verantwortliche begrüßen sich allesamt per Handschlag – ist Thomas Plohmann. Als einer von wohl wenigen ist er nicht überrascht von dem kometenhaften Aufstieg Mittelstädts, der 2023 als Ersatzspieler bei Hertha BSC aus der Bundesliga abstieg und 2024, als frisch gekürter Vizemeister vom VfB Stuttgart, zu den Stammplatzkandidaten bei der EM zählt.

Im Kader von Bundestrainer Julian Nagelsmann ist Mittelstädt (27) neben Antonio Rüdiger der einzige gebürtige Berliner. „Ich habe Maxi in der C- und D-Jugend trainiert, im Alter von zehn bis 14 Jahren“, sagt Plohmann. Seine Erinnerung an die Zeit in Staaken und später bei Hertha Zehlendorf: „Er war schon damals überragend.“

Mittelstädt habe eine unglaubliche Begabung gehabt, tolle Technik, Übersicht am Ball – und war zudem stark im Tor. Tatsächlich musste Plohmann den heutigen linken Außenspieler erst dazu überreden, im Feld zu spielen.

Oft ist es ja umgekehrt: Nur wenige Kinder wollen ins Tor, viele möchten lieber stürmen. Doch Mittelstädt war großer Fan von Gabor Király, Kult-Keeper bei Hertha BSC. „Er hatte die Fladderhose von Gabor an und wollte ins Tor“, erinnert sich Plohmann.

Selbst als Torwart habe er als eines der größten Talente in Berlin gegolten. „Doch wir drohten mit dem Jugendteam abzusteigen, ich sagte: Maxi, wir brauchen dich draußen.“ Danach nahm die Karriere Fahrt auf, wobei Plohmann auch beansprucht, ihn zum Linksverteidiger umgeschult zu haben, damit er lernte, mehr nach hinten zu arbeiten. Später verfolgte er jedes Profi-Spiel, das Mittelstädt für Hertha machte.  

Sportvereine als Schule des Lebens

Präsent sind die Erinnerungen ohnehin. Der Coach zeigt Handyfotos, eine Jugendelf in Hellblau, Mittelstädt vorn, ein blonder Wuschelkopf. „Der hat jeden Tag Fußball gespielt, ist mit Ball schlafen gegangen und war oft hier am Sportplatz“, sagt er und zeigt auf die Gegend, wo die Großmutter lebt, und ins nahe Falkensee, wo Mittelstädt bei seinen Eltern wohnte. Er sei gut behütet aufgewachsen, kein „Handkind“ gewesen, wie Plohmann es gern nennt.

Er meint Kinder aus Quartieren, in denen viele Menschen über geringe Einkommen verfügen – Kids, die man im wahrsten Sinne an die Hand nehmen müsse. „Ich habe Kinder trainiert, die kamen von weit her zu Fuß, weil sie kein Geld für die Bahn hatten“, sagt Plohmann, „als Trainer hat man auch eine soziale Komponente, die darf man nicht vergessen.“ Nicht jeder wird ein Maxi Mittelstädt, aber für viele ist der Fußballverein eine Schule des Lebens.

Am Clubcasino in Staaken hängt der Vereinskodex, der Toleranz, Respekt und Fairness fordert, auch von den Eltern. Am Zaun prangt ebenfalls ein Banner: „Sei ein Vorbild beim Jugendfußball.“ Rauchen und Alkohol ist bei Nachwuchskicks ebenso untersagt wie Schiedsrichter zu beschimpfen. Grundsätze, die auch bei anderen Vereinen in Spandau gelten – jenem Bezirk, in dem die Gewobag mit mehr als 18.000 Wohnungen besonders „Heim-stark“ ist.

Clubs wie Schwarz-Weiss Spandau leisten wertvolle Arbeit in der Großsiedlung Falkenhagener Feld. Aber auch in Staaken, wo Einfamilienhäuser dominieren, ist nicht das Ziel, Nationalspieler zu produzieren, auch wenn hier spätere Profis wie Marvin Knoll oder Manuel Schmiedebach spielten. „Wir wollen Spaß am Fußball, gute Ausbildung und Werte vermitteln“, sagt Jugendleiter Kreßner.

Fußballturnier um den Gewobag-Pokal

Nicht weniger als zwölf Berliner Fußballmannschaften der B- und C-Juniorinnen haben am 16. Juni im Spandauer Ortsteil Falkenhagener Feld um den Gewobag-Pokal gespielt. Den Sieg sicherte sich die C1 von Hertha BSC vor Herthas U15 und Borussia Pankow, doch als Gewinner durften sich alle Teams fühlen.

Auch für Gastgeber Schwarz-Weiss Spandau war das Turnier ein voller Erfolg – und das nicht nur wegen der gelungenen Organisation. Die zwei teilnehmenden Mädchenteams des Clubs existieren erst seit dieser Saison und bieten fußballinteressierten Mädchen im Falkenhagener Feld eine neue Perspektive. Beim Gewobag-Pokal konnten beide Mannschaften wichtige Wettkampferfahrung sammeln.

Rund 120 ZuschauerInnen, darunter die stellvertretende Bezirksbürgermeisterin und Bezirksstadträtin Carola Brückner, sahen in Spandau viele spannende Spiele – zum Teil fiel die Entscheidung erst im Elfmeterschießen.

„Das Turnier war wirklich toll“, sagt Gewobag-Quartierskoordinatorin Sophia Schäfer, „wir hatten prima Wetter, großartige Stimmung und auch die Organisation war top. Sportlich war alles dabei – von packenden Duellen über dramatische Entscheidungen bis zu grenzenlosem Jubel.“

Vorbild für den Spandauer Nachwuchs

Dennoch: Ein gewisser Stolz kickt mit. Im Staakener Clubcasino hängen zwei signierte Trikots von Maxi Mittelstädt, gleich daneben ein EM-Spielplan. Dass das Turnier hier geschaut wird, versteht sich von selbst. Und auch wenn zwei Kinder am Platz Trikots der DFB-Stars Thomas Müller und Toni Kroos tragen: Mittelstädt ist Vorbild. Und einer zum Anfassen geblieben, der noch vorbeischaut und mit Ex-Trainer Plohmann textet.

Der zückt sein Handy und zeigt, was er schon im Dezember seinem ehemaligen Schützling schrieb: „Überragendes Spiel von dir. Vielleicht springst du auf den Euro-Zug. Wünsch ich dir von Herzen.“

Dass es ein halbes Jahr später wirklich so weit ist und er im März ein Traumtor gegen die Niederlande erzielte, freut den früheren Jugendcoach, der einst im Sommer mit ihm am schwächeren Fuß feilte. „Ich wünsche Maxi von Herzen, dass er bei der EM auch spielt, weil er einfach ein guter Junge ist.“

Nun hat sich der Wunsch erfüllt, in der Gruppenphase stand Mittelstädt in allen drei Spielen in der Startelf. Danach erhielt zwar Teamkollege David Raum den Vorzug, doch für DFB-Coach Nagelsmann bleibt der der Berliner eine gute Option.

Mittelstädt selbst gab sich vor Turnierbeginn selbstbewusst. „Wenn wir nicht das Ziel hätten, den Titel zu holen, müssten wir nicht mitspielen“, sagte er. „In Berlin ein Finale zu spielen, ist ein Traum, vor allem für mich.“ Sicher ist: Im Casino des SC Staaken wären sie an diesem Tag stolzer als je zuvor.   

Welche TV-Sender zeigen die Fußball-EM 2024?

Die Antwort auf diese Frage ist nicht ganz einfach. Das „Rundum sorglos“-Paket liefert Magenta TV, hier können sämtliche Spiele gesehen werden – fünf davon exklusiv. Selbiges gilt dank einer Kooperation zwischen Sky Sport und Magenta TV auch für Sky Sportsbars.

ARD und ZDF übertragen 34 der insgesamt 52 Turnierspiele im Free-TV und per Livestream, darunter sämtliche Partien des DFB-Teams, die beiden Halbfinals und das Endspiel. Zwölf EM-Begegnungen werden bei RTL und im Livestream bei RTL+ gezeigt.

Titelbild: Imago/Moritz Mueller

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