Das Humboldtschlösschens in Tegel. Das weiße Gebäude ist umgeben von einer grünen Wiese.

Raus aus dem Haus: 7 versteckte Orte in Berlin

Abseits der bekannten Pfade rund um Brandenburger Tor und Reichstag hat die Hauptstadt noch sehr viel mehr zu bieten. Der Berlin-Historiker Michael Bienert hat sieben echte Geheimtipps zusammengestellt.

Gartenhof der Staatsbibliothek Unter den Linden

Ein denkmalgeschützter Gartenhof, ein rauschender Springbrunnen, wilder Wein rankt sich an sorgfältig restaurierten Fassaden empor: Der Gartenhof der Staatsbibliothek Unter den Linden ist ein fast vergessener Ort. 16 Jahre lang wurde der Prachtbau aus der Kaiserzeit restauriert und war eine Baustelle. Erst seit 2021 ist der Gartenhof der Staatsbibliothek an der Straße Unter den Linden wieder für die Öffentlichkeit zugänglich – und das auch ohne Bibliotheksausweis. Relikte aus den DDR-Jahren sind die lebensgroße Skulptur eines Arbeiters und ein Relief mit dem Gedicht Fragen eines lesenden Arbeiters von Bertolt Brecht im Hof. Eine Oase an Berlins Prachtboulevard.

Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz
Unter den Linden 8, 10117 Berlin
geöffnet Mo. bis Sa. von 8 bis 22 Uhr.

Statue im Gartenhof der Staatsbibliothek. Um sie herum ist eine grüne Wiese mit kleinen Bäumen zu sehen. Die Häuserwand des Innenhofs ist leicht bewachsen und weiß.
Der Gartenhof der Staatsbibliothek. Foto: Johannes Schneeweiß

Buchstabenmuseum im S-Bahn-Bogen 424

Leuchtreklamen gehören zum Stadtbild einer modernen Metropole, aber diese Wahrzeichen und Wegmarken sind auch besonders gefährdet: Wenn Geschäfte umziehen oder schließen, dann landen die typografischen Kunstwerke schnell auf dem Müll. Das Buchstabenmuseum sammelt seit 15 Jahren solche Zeugnisse der Berlin-Geschichte. Einen Unterschlupf hat es in mehreren S-Bahn-Bögen in Tiergarten gefunden. In deren Dämmerung kommen die Leuchtbuchstaben bestens zu Geltung. Wer länger in Berlin lebt, wird alte Bekannte wiedererkennen: die Schriftzüge der abgewickelten BERLINER BANK oder die Reklame für den TAGESSPIEGEL vom früheren Gebäude an der Potsdamer Straße, das Logo der DDR-Markthalle am Alex oder die eleganten „Zierfische“ vom Frankfurter Tor. Aus dem Stadtbild verschwunden, leben sie in der Erinnerung weiter – und im Buchstabenmuseum. 

Buchstabenmuseum
S-Bahn-Bogen 424, 10557 Berlin
geöffnet Do. bis So. von 13 bis 17 Uhr

Verschiedene Worte und Buchstaben im Buchstabenmuseum im S-Bahn-Bogen 424.
Das Buchstabenmuseum im S-Bahn-Bogen 424. Foto: vanishingberlin

Campus der Lebenswissenschaften mit Trichinentempel

Nicht weit vom Reichstag und dem Charité-Hochhaus roch es vor zehn Jahren noch nach Tierställen. Inzwischen haben die Lebenswissenschaften den ehemaligen Campus der Veterinärmedizin in Mitte übernommen. Abgeschirmt von den umliegenden Straßen fließt die renaturierte Panke durch den versteckten Park mit alten Bäumen. Mittendrin ein Architekturjuwel aus dem 18. Jahrhundert: das tieranatomische Theater mit seinem runden Vorlesungssaal, auch „Trichinentempel“ genannt. Eine Ausstellung in den Nebenräumen präsentiert die wissenschaftshistorischen Sammlungen der Humboldt-Universität. Wer starke Nerven hat, kann auch ins benachbarte Anatomiegebäude der Humanmedizin gehen. Zu Studienzwecken sind im Erdgeschoss zahlreiche anatomische Präparate und Werkzeuge ausgestellt. Sonntags ist es manchmal schwierig, auf den Campus zu kommen, werktags gibt es öffentliche Zugänge von der Luisenstraße 56, der Philippstraße und der Claire-Waldoff-Straße.

Tieranatomisches Theater
Philippstraße 3, 10115 Berlin
geöffnet Mo. bis Fr von 14 bis 18 Uhr

Außenansicht des tieranatomischen Theaters. Davor sind eine Wiesen und ein Baum zu sehen. Der Himmel ist blau. Vor dem Haus geht ein Weg entlang.
Das tieranatomische Theater. Foto: Johannes Schneeweiß

Blindenwerkstatt von Otto Weidt im Hinterhof

Inge Deutschkron war Ehrenbürgerin von Berlin, Autorin, Journalistin und eine der letzten lebenden Zeuginnen des Holocaust. Als sie am 9. März 2022 mit 99 Jahren starb, war das sogar der „Tagesschau“ einen Beitrag wert. Versteckt in Berlin hatte Inge Deutschkron als Jüdin den Zweiten Weltkrieg überlebt. Einer ihrer Helfer war der Kleinfabrikant Otto Weidt, der sie in seiner Besen- und Bürstenbinderei in der Rosenthaler Straße 39 beschäftigte, in einem Hinterhof nicht weit vom Hackeschen Markt. Couragiert rettete der nahezu blinde Mann zahlreiche Angestellte vor der Deportation, einige versteckte er in einem Hinterraum seiner Werkstatt. Am Originalschauplatz erinnert eine Ausstellung an den stillen Helden.

Museum Blindenwerkstatt Otto Weidt
Rosenthaler Straße 39, 10178 Berlin
täglich geöffnet 10 bis 18 Uhr

Eine grau-blaue Wand mit einem kleinen schwarz-weiß Bild. Links und rechts im Bild sind Fenster zu sehen. Vor der Wand stehen Bänke.
Das Museum Blindenwerkstatt Otto Weidt / Quelle: Gedenkstätte Deutscher Widerstand. Foto: Thomas Bruns

Schloss und Park Schönhausen in Pankow

Seit der erste und einzige Staatspräsident der DDR Wilhelm Pieck in das barocke Schlösschen einzog, ist es von einer Mauer umgeben. Sie zerschneidet den alten Schlosspark, ist aber kein unüberwindliches Hindernis für spontane Besuche mehr. Vier riesengroße Platanen auf der Gartenseite des Schlosses stammen noch aus dem 18. Jahrhundert, als hier Königin Elisabeth Christine, die Gemahlin Friedrichs des Großen, die Sommermonate genoss. Im Schloss ist neben dem Büro Wilhelm Piecks und Gästezimmern der DDR-Regierung auch der Rokoko-Festsaal der Königin zu entdecken, der einzige original erhaltene Saal dieser Art in Berlin. Das mobile Parkcafé Sommerlust macht das Ausflugsziel in Pankow für Familien perfekt: Man kann auf Gartenstühlen unter Sonnenschirmen sitzen, aber ebenso gut mit Kindern auf einer Schlosswiese ein Eis schlecken oder mitgebrachte Kekse knabbern.

Schloss Schönhausen
Tschaikowskistraße 1, 13156 Berlin
Der Schlosspark ist täglich geöffnet, das Schloss am Wochenende von 10 bis 16 Uhr.

Außenansicht des Schlosses Schönhausen in Pankow.
Das Schloss Schönhausen in Pankow. Foto: Michael Bienert

Museumswohnung in Haselhorst

Niemand würde in der 280 Meter langen Wohnzeile am Burscheider Weg ein Museum vermuten. Sie wurde 1931 als Teil der Reichsforschungssiedlung Haselhorst nach Plänen des ungarisch-jüdischen Architekten Fred Forbát errichtet, der dem Bauhaus nahestand. 176 Mietparteien kamen in dem Gebäude in preiswerten Kleinstwohnungen unter. Eine davon wurde 2014 von der Gewobag als Museumswohnung im Stil der 1930er-Jahre eingerichtet und möbliert. Die Wohnküche mit Kochmaschine, das winzige Badezimmer, die gute Stube und ein Schlafzimmer vergegenwärtigen den Alltag im sozialen Wohnungsbau der Weimarer Republik. Wegen Corona war die 42-Quadratmeter-Wohnung zwei Jahre geschlossen, jetzt gibt es wieder Besichtigungstermine.

Museumswohnung Haselhorst
Burscheider Weg 21
13559 Berlin
Geöffnet jeden letzten Sonntag im Monat.

Eine alte Küche mit weiß-beigen Möbel ist zu sehen. Eine Kommode, ein Tisch und drei Stühle stehen im Raum. Eine Lampe scheint von der Decke. Vor dem Fenster sind Gardinen.
Die Museumswohnung Haselhorst. Foto: Sabine Dobre

Park des Humboldtschlösschens in Tegel

Lassen Sie sich nicht abschrecken von dem Schild „Privatweg“ am Busparkplatz an der Adelheidallee: Das Gatter am Schloss Tegel steht meist einladend offen und rechts vom Haupthaus ist eine versteckte kleine Pforte zum Park mit der „Kasse des Vertrauens“. Eine prächtige Lindenallee und ein bewaldeter Hügelkamm schirmen die blühenden Langgraswiesen des Landschaftsparks gegen den Tegeler Verkehrslärm ab. Ein Ort, um zur Ruhe zu kommen. Die weltberühmten Forscher Alexander und Wilhelm von Humboldt liegen im Park begraben. Nachfahren wohnen noch immer im Schloss, den schönen Park teilen sie im Sommer mit den Berlinerinnen und Berlinern.

Schloss und Park Tegel
Adelheidallee 19, 13507 Berlin

Das Humboldtschlösschens in Tegel. Das weiße Gebäude ist umgeben von einer grünen Wiese.
Das Humboldtschlösschen in Tegel. Foto: Michael Bienert

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