Zwei Waschbären hängen an einem Baum. Sie schauen jeweils links und rechts am Baum vorbei.

Wildtiere in Berlin: Artenvielfalt im Hinterhof

Füchse, Biber und Wasserfrösche bevölkern Berlin. Wir sprachen über die umtriebigen Nachbarn mit Ina Müller und Astrid Kinateder, den Stadtnatur-Rangerinnen der Stiftung Naturschutz Berlin in Charlottenburg-Wilmersdorf.

Rotfüchse streunen durch Kreuzberg, unbeeindruckt von PassantInnen und Autos. Waschbären klettern in die Hinterhöfe. Auf der Museumsinsel wurde unlängst ein Biber gesehen. Was ist hier los?

Ina Müller: Viele Wildtiere haben bei uns gute Bedingungen. Außerhalb nehmen ihnen intensive Land- und Forstwirtschaft immer mehr die Lebensgrundlage. Biberspuren finden sich tatsächlich überall in Berlin an Ufern fließender Gewässer, die nicht verbaut wurden.

Astrid Kinateder: Auch der europaweit geschützte Fischotter fühlt sich bei uns seit Kurzem wieder wohl. Biber sind übrigens wichtig für die Artenvielfalt. Durch Fäll- und Bauaktivitäten schaffen sie Lebensraum für viele andere Arten wie Vögel oder Amphibien. Wo der Biber lebt, ist alles in Ordnung, sagt man. Und: Wir sind Spatzenhauptstadt, während diese Vögel in vielen anderen Städten kaum noch vorkommen.

Astrid Kinateder (li.) und Ina Müller (re.) sind Stadtnatur-Rangerinnen bei der Stiftung Naturschutz Berlin. Sie stehen auf einem Berg und schauen kritisch in die Ferne. Astrid Kinateder hält ein Tablet in der Hand. Ina Müller trägt ein Fernglas.
Astrid Kinateder (li.) und Ina Müller (re.) sind Stadtnatur-Rangerinnen bei der Stiftung Naturschutz Berlin. Foto: Stifung Naturschutz Berlin

Wildtiere sind offenbar die Nähe des Menschen gewöhnt – ein Problem?

Astrid Kinateder: Beispiel Füchse – sie jagen Kaninchen, Ratten und Mäuse. Obwohl sie keine Feinde haben, vermehren sie sich nicht unkontrolliert. Sie ziehen weiter, wenn ein Revier besetzt ist.

Ina Müller: Der Waschbär dagegen ist ein Problemtier. Das kleine Raubtier futtert so ziemlich alles, was ihm vor die Nase kommt. Leider auch seltene Amphibien, Eier und Jungvögel.

„Wir sehen uns als VermittlerInnen zwischen Mensch und Natur.“

Astrid Kinateder, Stadtnatur-Rangerin der Stiftung Naturschutz Berlin

Sie arbeiten als Stadtnatur-Rangerinnen. Was machen Sie genau?

Ina Müller: Zu unseren Aufgaben gehört vor allem die klassische Naturschutzarbeit, das Beobachten von Tieren und Pflanzen und das Sammeln der Daten. Wir organisieren auch Pflegeeinsätze in Schutzgebieten, bei denen zum Beispiel Pflanzenaufwuchs auf wertvollen Flächen entfernt wird, damit seltene Arten wieder Platz zum Leben haben.

Astrid Kinateder: Und wir sehen uns als VermittlerInnen zwischen Mensch und Natur, indem wir BürgerInnen als AnsprechpartnerInnen zur Verfügung stehen und sie über die Pflanzen- und Tierwelt vor ihrer Haustür informieren.

Artenvielfalt in Berlin

1.700 Füchse haben in Berlin 1.400 Reviere besetzt. Weit verbreitet sind auch das Wildkaninchen, der Waschbär, der Steinmarder, der Fischotter und das Wildschwein, von dem es in Berlin übrigens bis zu 6.000 Exemplare gibt.



233 Arten leben in Berlin. 53 Säugetier- und 180 Vogelarten wurden registriert. Tauben, Krähen und Spatzen sind besonders häufig.

Welche Arten gehen verloren?

Ina Müller: Viele Tiere brauchen unseren Schutz. Gebäudebrüter wie Haussperlinge und Mauersegler finden an den glatten Betonfassaden keine Nistmöglichkeiten. Baumhöhlen sind Winterquartiere, etwa für Fledermäuse. Das sollte immer mitgedacht werden, wenn Bäume gefällt werden. Leider gehen durch den Klimawandel für viele Amphibien, wie Wasserfrosch und Erdkröte, Lebensräume verloren, da immer mehr Kleingewässer austrocknen.

Was können Stadtmenschen tun, um die Artenvielfalt zu bewahren?

Astrid Kinateder: Zunächst dürfen sie etwas nicht tun: Wildtiere sollten nicht gefüttert werden, niemals! Das Nahrungsangebot ist groß genug. Ein Problem für manche Tiere ist die Beleuchtung in der Nacht. Insekten werden durch Licht angezogen und suchen dann erfolglos nach Nahrungsquellen oder Fortpflanzungspartnern. MieterInnen können abends Vorhänge zuziehen oder Jalousien herunterlassen, um die Wohnung nach außen abzudunkeln. Wer in seinem Vorgarten, Hinterhof oder auf dem Balkon Wildblumen aussät, bietet Nahrung und Lebensraum für Bienen und Insekten. Außerdem sollte kein Müll in der Natur entsorgt werden.

5.000 Euro Strafe …

… sind für das Füttern von Wildtieren in Berlin fällig. Es ist nämlich verboten und ohnehin nicht nötig. Die Tiere merken sich gute Futterquellen und kommen immer wieder.

Ina Müller: Auch Laubbläser und -sauger richten Schaden an, nicht nur wegen des Lärmpegels. Sie zerstören Pflanzensamen, sie saugen Spinnen und Insekten auf und töten sie. Wird das Laub auf Beete oder unter Hecken geharkt, gehen keine Nährstoffe für Boden und Pflanzen verloren. Dort bietet das Laub Schutz für Schmetterlingslarven, Insekten und Igel. Es sind also viele Kleinigkeiten, die jede und jeder tun kann. Zusammen bewirken sie eine Menge Gutes für unsere Stadtnatur.

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