Helen Burkhardt schaut nach oben links. Sie hat schulterlanges, blondes Haar, trägt Ohrringe, ein Piercing und ein blaues Hemd. Hinter ihr sieht man grüne Bäume.

Ernst-Thälmann-Park: der Viele-Generationen-Park

Eine Siedlung im Wandel der Zeit: 1986 wurde das einstige Gaswerk zur sozialistischen Vorzeigesiedlung, Denkmalschutz im Jahr 2014, heute grüne Oase und begehrte Wohnsiedlung mitten im Prenzlauer Berg.

Wie war es, vor mehr als 35 Jahren in das Wohngebiet Ernst-Thälmann-Park einzuziehen, welche Wünsche gab es damals, welche gibt es heute? Ein Besuch bei Familie Hecht, AnwohnerInnen der ersten Stunde, und bei Tänzerin Helen Burkhardt, gerade frisch eingezogen.

Doris und Bernd Hecht gehören zu den ErstmieterInnen, die vor mehr als 35 Jahren eine Neubauwohnung im Wohngebiet Ernst-Thälmann-Park zugewiesen bekamen. Auf dem Gelände eines ehemaligen Gaswerkes waren zuvor in nur zwei Jahren und neun Monaten 1.337 Wohnungen entstanden – Rekordzeit in der damaligen DDR.

Foris Hecht und ihr Ehemann Bernd Hecht gucken aus dem Fenster direkt in die Kamera. Frau Hecht lächelt, herr Hecht nicht. Beide tragen eine Brille. Sie hat eine feine goldene Kette um den Hals und trägt ein T-Shirt. Er trägt ein Hemd.
Bernd Hecht, 77 Jahre alt, und seine Frau Doris Hecht, 70 Jahre alt, auf ihrem Balkon in der Ella-Kay-Straße. Foto: Maren Schulz

Von ihrem Balkon im fünften Stock aus können Bernd und Doris Hecht den Fernsehturm sehen. Im Gegensatz zum Blick auf Stadt und Wahrzeichen hat sich der auf den Balkon selbst über die Jahrzehnte nicht verändert.

Pinkfarbene Geranien blühen, Erdbeeren und Tomaten kommen bald hinzu. Bernd Hecht war von Beruf Kraftfahrer und Doris Hecht Kindergärtnerin. Sie erinnert sich noch gut daran, dass sie oft mit den Kindern ihrer Kindergartengruppe an der Baustelle des damals entstehenden Ernst-Thälmann-Parks war: „Ich wollte den Kindern zeigen, wie der Alltag der Menschen und auch ihr Berufsleben aussehen. Aber dass ich selber mal hier einziehen würde, war eine Überraschung.“

Einzug im Mai 1985: „Es war so toll, dass wir in der neuen Wohnung eine Heizung hatten.“

Doris Hecht, wohnt seit mehr als 35 Jahren im Wohngebiet Ernst-Thälmann-Park
Blumen an einem Fenster. Im Hintergrund sieht man den Fernsehturm, verschiedene Wohnhäuser und einen grünen Baum.
Von ihrem Balkon aus können Bernd und Doris Hecht den Fernsehturm sehen. Foto: Maren Schulz

Am 7. Mai 1985 war es so weit. Familie Hecht konnte den Mietvertrag für ihre Dreiraum-Vollkomfort-Wohnung unterschreiben, in die sie mit den damals noch kleinen Söhnen einzog: „Vorher haben wir in der Bötzowstraße im Altbau in einer Zweiraumwohnung gewohnt. Mit vier Personen ist das ein bisschen eng gewesen. Dass wir in der neuen Wohnung eine Heizung hatten, war so toll. Wir mussten uns beim Aufstehen nicht mehr gleich dick anziehen“, erinnert sich Doris Hecht. Über drei Jahrzehnte sind seitdem vergangen und die Söhne längst aus der 70 Quadratmeter großen Wohnung ausgezogen.

Die Eltern Doris und Bernd Hecht hingegen wohnen noch immer gern im Ernst-Thälmann-Park, auch wegen des vielen Grüns und der gelebten Nachbarschaft: „Man hilft sich, besucht sich, egal ob man schon immer hier gelebt hat oder frisch zugezogen ist. Wir haben hier alles, die Einkaufs- und Fahrmöglichkeiten, unsere Fachärzte. Wir sind glücklich hier“, sagen sie.

Mai 2021: ein neues Zuhause für Helen Burghardt

Helen Burghardt schaut direkt in die Kamera. Sie hat schulterlanges blondes Haar und einen Pony. Sie trägt ein blaues Hemd.
Nach vier Monaten Wohnungssuche hat Helen Burghardt im Ernst-Thälmann-Park endlich ihre Traumwohnung gefunden. Die Nachbarschaft in der Siedlung hat sie sehr zu schätzen gelernt. Foto: Maren Schulz

Im gleichen Monat, nur 36 Jahre später, ist Helen Burghardt als Gewobag-Mieterin in ihre neue Wohnung im Ernst-Thälmann-Park eingezogen. Ursprünglich aus Bremen kommend, hat die studierte Tänzerin, die zusätzlich noch eine Osteopathie-Ausbildung macht, vier Monate nach einer Wohnung gesucht: „Es war die erste Wohnungsbewerbung, auf die mir überhaupt geantwortet wurde, und bei der ich eine Chance hatte, die Wohnung zu bekommen. Ich bin total glücklich.“

Nun freut sie sich auf ihren ersten Sommer in der neuen Wohnung und die Aussicht vom Balkon des sechsten Stocks, auf den schon morgens die Sonne scheint. Besonders mag sie es, wenn am Abend in den Hochhäusern gegenüber die Lichter angehen: „Das hat echt was Urbanes“, erzählt sie.

Ähnlich wie Familie Hecht empfindet sie die Nachbarschaft in der Siedlung als etwas Besonderes, „eine Art Gemeinschaftsgefühl“ nennt sie es. So hat Helen Burghardt nach ihrem Einzug auch schon MieterInnen aus dem Haus kennengelernt: „Das gab mir das Gefühl, hier anzukommen. Aufeinander zuzugehen, das kenne ich so nicht, gerade wenn man in einer Platte wohnt.“

Geheimtipp Kiezteich

Im Schutze des Ernst-Thälmann-Denkmals befindet sich der künstlich angelegte Kiezteich. Er ist als Amphibienschutzgebiet ausgewiesen und das Zuhause vieler Pflanzen und Tiere. Damit das so bleibt, kümmern sich die AG „Grün und Teich“ und damit viele AnwohnerInnen um das ökologische Gleichgewicht des Teichs, inklusive Reinigung von Wasser und Uferbereich – mit finanzieller Unterstützung der Gewobag.

Besonders froh ist sie, dass sie jetzt an einem Ort wohnt, an dem es Natur, Wiesen, Bäume, den Kiezteich und viele kleine unbekannte Ecken gibt, die sie neu entdecken möchte. Denn der eigentliche Wunsch von Helen Burghardt, den sie an ihr neues Domizil hat, ist es, ein neues Zuhause zu finden.

Ansicht des Ernst-Thälmann-Denkmals an der Greifswalder Straße. Im Hintergrund steht ein Hochhaus. Der Himmel ist blau, die Bäume ringsherum grün.
Das Ernst-Thälmann-Denkmal an der Greifswalder Straße. Foto: Maren Schulz

Manchmal trifft sie sich am Ernst-Thälmann-Denkmal auf dem Platz mit Freunden zum Mittagessen oder schaut dort Hip-Hop-TänzerInnen zu. Auf die Frage, ob Plattenbauten für sie wieder modern seien, meint Helen Burghardt: „In der ehemaligen DDR gab es viele Platten, die einen Community-Charakter hatten, mit TV- und Waschräumen zum Teilen. Ich glaube, das ist gerade für die jüngere Generation wieder interessant. Es gibt auch wieder viele Bauprojekte, wo Generationen sich vermischen. Unter dem Aspekt könnten die Platten underground-modern werden“, lacht sie.

TIPP: Ausstellung zur Geschichte des Ernst-Thälmann-Parks

In der virtuellen Ausstellung „Der Ernst-Thälmann-Park. Komplexe Planungen für ein Prestigeprojekt“, konzipiert und umgesetzt vom Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung, kann die wandlungsgeprägte Geschichte des Ernst-Thälmann-Parks virtuell nachvollzogen werden. Die Planungs- und Entstehungsgeschichte, die Sprengung des Gasometers und Entwicklungen nach der Wiedervereinigung wie der Denkmalstreit werden hier anschaulich und detailliert dargestellt.

Ernst-Thälmann-Park
Ella-Kay-Straße 4/52 / Lilli-Henoch-Straße 1–20 / Danziger Straße 105/109
10405 Berlin-Prenzlauer Berg

Zur Ausstellung

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