Sören Petzold, Gruppenleiter Technisches Qualitätsmanagement, steht unter einem Baum im Park. Er lächelt in die Kamera, er trägt ein lilafarbenes Hemd. Im Hintergrund sieht man eine große Rasenfläche mit kleinen Wegen.

„Grünanlagen müssen nicht nur schön aussehen!“

Sören Petzold, Leiter des Technischen Qualitätsmanagements der Gewobag, spricht über die Möglichkeiten, Grünflächen nachhaltig weiterzuentwickeln und ökologisch aufzuwerten.

Herr Petzold, seit 2017 sind Sie Gruppenleiter Technisches Qualitätsmanagement bei der Gewobag. Welches Feedback bekommen Sie von den MieterInnen für Ihre Arbeit?

Sören Petzold: Wir haben über den gesamten Bestand eine große Bandbreite an Feedback. Manche MieterInnen erfreuen sich an einer funktionierenden Hausreinigung und endlich wieder blühenden Grünanlagen, in anderen Objekten erhalten wir durchaus auch einmal wertvolle Verbesserungshinweise. Das größte Thema sind jedoch der Klimawandel und der sich dadurch verändernde Anspruch an die Unterhaltung von Grünanlagen.

Sprechen wir über die Grünpflege in Wohnanlagen, die ja einen großen Teil Ihrer Arbeit umfassen. Was ist hier die Herausforderung?

Sören Petzold: Derzeit haben wir mehr als zwei Millionen Quadratmeter Grünfläche und circa 27.000 Bäume im Bestand dokumentiert. Letztere müssen jedes Jahr von einem Baumkontrolleur anhand der Baumpläne vorgefunden und geprüft werden. Die Grünanlagen in Wohngebieten sind weder Naturparks noch Kleingärten. Ihre Aufgabe besteht darin, den AnwohnerInnen neben den Anforderungen an Wohnumfeldhygiene und Verkehrssicherheit einen angenehmen Aufenthaltsraum im Freien zu bieten. Genau hier stellt sich die Frage: Welches Erscheinungsbild der Grünanlagen ist zukünftig gewünscht und auch von unseren MieterInnen akzeptiert?

Viele Grünanlagen wurden ursprünglich sehr homogen angelegt und bieten wenig Raum zur Entfaltung von Biodiversität. Wir müssen uns nun fragen, was wir eigentlich wollen, was unser gerechtfertigter Anspruch an die Grünanlagen von Wohnquartieren ist. Unser aller Aufgabe besteht darin, sich für Veränderungen zu öffnen – das trifft nicht nur auf die Gewobag zu, es ist vielmehr eine gesellschaftliche Aufgabe. Welche Funktion müssen Grünflächen erfüllen? Sie müssen nicht nur „schön“ aussehen, sondern sind so zu gestalten, dass sie gesund sind. Nur so können sie ihrer Aufgabe gegenüber Mensch und Natur gerecht werden. Brauchen wir eigentlich Rasenflächen in dem aktuell vorhandenen Umfang?

Der Pflegeaufwand ist hoch, die Resistenz gegen anhaltende Trockenheit und der ökologische Nutzen dieser Flächen dagegen sind recht gering. Wiesen sind ökologisch wertvoller und wesentlich geeigneter für karge Böden. Anderswo lässt sich der Nährstoffgehalt des Bodens gezielt mit eigener Biomasse verbessern – beispielsweise durch den Verbleib bestimmter Laubarten in dichter bepflanzten Gehölzflächen oder durch das Häckseln und Einbringen von Baum- und Gehölzschnittmaterial. Mit den für die Gewobag tätigen Grünpflegefirmen führen wir inzwischen jährlich Workshops durch – Themen zur Steigerung der Nachhaltigkeit und Biodiversität stehen hier regelmäßig auf der Tagesordnung. Gute Grünpflege besteht nicht darin, möglichst viel zu tun, sondern gezielt zu arbeiten und der Natur dort etwas mehr Raum zu geben, wo es möglich ist.

Sören Petzold, Gruppenleiter Technisches Qualitätsmanagement, sitzt vor einer Wand mit bepflanzten Blumenkästen. Ihm gegenüber (Bildvordergrund, unscharf) sitzt eine Frau (von hinten) mit kurzen roten Haaren. Sören Petzold lächelt die Frau an.
Sören Petzold ist Leiter des Technischen Qualitätsmanagements bei der Gewobag. Foto: Felix Seyfert

„Gute Grünpflege besteht nicht darin, möglichst viel zu tun, sondern gezielt zu arbeiten und der Natur dort mehr Raum zu geben, wo es möglich ist.“

Das klingt eigentlich ganz einfach.

Sören Petzold: Das wäre schön. Die Ästhetik einer Grünanlage ist jedoch auch eine emotionale Angelegenheit. Naturgemäß findet sich hier nur selten im ersten Schritt ein Konsens. Alle Beteiligten müssen voneinander lernen und regelmäßig hinterfragen, welche Arbeiten saisonal-, standort- und pflanzenbedingt unbedingt notwendig sind. Eine Hecke kommt einem grünen Gartenzaun gleich und verlangt nach regelmäßigen Formschnitten. Fernab von Gehwegen, Parkplätzen und Hauseingängen sollen sich die Gehölze dagegen natürlich entwickeln, blühen und damit auch Ihrer Funktion gegenüber Vögeln, Insekten und Kleintieren gerecht werden.

Schaut man in ensemblegeschützte Wohnanlagen wie die ehemalige Reichsforschungssiedlung in Haselhorst oder auch die Flusspferdhofsiedlung in Alt-Hohenschönhausen, erkennt man sehr schnell die sich verändernden Anforderungen dieser Zeit. Anforderungen des Denkmalschutzes an das Erscheinungsbild der Grünanlagen, wie etwa detailliert definierte Wuchshöhen und Pflanzengattungen, stehen oft im Gegensatz zu aktuellen Erkenntnissen in Bezug auf Pflegebilder und Pflanzenauswahl.

Die Gewobag hat gemeinsam mit der Stiftung Naturschutz Berlin das Pilotprojekt „Städtisch Grün“ auf den Weg gebracht. Was ist das Ziel?

Sören Petzold: Es geht uns darum, bestehende Grünanlagen nachhaltig weiterzuentwickeln und ökologisch aufzuwerten. Wir möchten die Anforderungen an Verkehrssicherheit und Wohnumfeldhygiene mit dem Wunsch und der Notwendigkeit nach mehr Biodiversität gern gut vereinbaren. Gemeinsam mit der Stiftung und weiteren Beteiligten erarbeiten wir einen Handlungsleitfaden und entsprechende Bepflanzungs- und Pflegekonzepte, damit alle Funktionen einer wohnungsnahen Grünanlage für Mensch, Tier und Stadtklima aktiviert und erhalten bleiben. In diesem Veränderungsprozess müssen wir regelmäßig überlegen, was wir noch besser machen können, um gesunde Grünanlagen zu entwickeln. Dazu gehört zum Beispiel auch die Frage nach der Bewässerung von Pflanzen.

Wir haben seit Jahren regelmäßig zu warme und zu trockene Winter, sowie ein viel zu trockenes erstes Kalenderhalbjahr. Wenn mal Regen fällt, dann häufig monsunartig. Auf diese Weise entstehen erodierte Böden, in der Folge können Wasser und Nährstoffe nicht gespeichert und Pflanzen und Tiere nicht ausreichend versorgt werden. Derartige Defizite mit künstlicher Bewässerung kompensieren zu wollen, ist nicht zielführend. Unsere zukünftige Baum- und Pflanzenauswahl, sowohl in Bestands- als auch Neubauobjekten, muss derartige Umweltbedingungen mit einbeziehen. Und um diese Pflanzen nicht unnötig zu strapazieren, muss auch die natürliche Wuchshöhe in Abhängigkeit vom Standort wieder stärker berücksichtigt werden. Beispielsweise vor Hauseingängen oder an Parkplätzen benötigen wir für einen guten Überblick und die Gewährleistung der Verkehrssicherheit Pflanzen mit einer Wuchshöhe von maximal 1,20 Meter bis 1,50 Meter.

Wie stehen Mieterinnen und Mieter zum Projekt „Städtisch Grün“?

Sören Petzold: Zunächst haben wir gesehen, dass Bedarf besteht. Einige freuen sich über neu gewonnene „wilde Ecken“. MieterInnen, die sich für Grünthemen interessieren und für Artenvielfalt einsetzen möchten, erhalten bei der Gewobag Unterstützung. Die Synergie aus Grünpflege, Außenanlagenreinigung und Hausreinigung hat einen hohen Einfluss auf unsere MieterInnen: In einer gesunden Grünanlage fühlen sie sich wohler. Die MitarbeiterInnen sind für alle sichtbar, die drei Gewerke zusammengenommen an rund 100 Tagen pro Jahr. Die Akzeptanz unter den MieterInnen ist entsprechend groß.

Viele Mieterinnen und Mieter werden selbst in der Grünpflege aktiv und kümmern sich um Beete oder legen Beete an. Wie finden Sie das?

Sören Petzold, Gruppenleiter Technisches Qualitätsmanagement, steht lächelnd vor einer Holzwand mit bepflanzten Blumenkästen. Er trägt ein lilafarbenes Hemd.
Foto: Felix Seyfert

Sören Petzold: Es ist toll, wenn MieterInnen sich engagieren. Sie schaffen oft wunderschöne „Leuchttürme“ in unseren Grünanlagen. Wir möchten das gern besser gemeinsam mit den interessierten MieterInnen koordinieren. Es ist wichtig, dass das auf festgelegten Flächen stattfindet. Wenn MieterInnen dauerhaftes Interesse bekunden, stellt die Gewobag im Rahmen einer „Urban Gardening“-Vereinbarung gern konkrete Flächen zur Verfügung. Diese Flächen werden dann im Grünflächenplan verzeichnet, sodass diese Information auch der jeweiligen Grünpflegefirma vorliegt. Es ist doch schade, wenn ein liebevoll gepflanztes Stiefmütterchen versehentlich im Rahmen der nächsten Gehölzflächenpflege entfernt wird.

Was können MieterInnen, die in den Grünanlagen aktiv werden, alles falsch machen?

Sören Petzold: Invasive und giftige Pflanzen sind ein No-Go. Vor dem Anpflanzen eines Baums empfiehlt sich in jedem Fall im Vorfeld einen entsprechenden Rat bei den für die Gewobag tätigen Baum-ManagerInnen einzuholen. Sie kennen unsere Wohnanlagen sowie den vorhandenen Baumbestand bereits seit Jahren gut. In diesem Zusammenhang sollte auch das wilde Einpflanzen ausgemusterter Weihnachtsbäume unterlassen werden. Gleiches gilt für das Füttern von wildlebenden Tieren. Futter- und Essensreste locken zugleich Ratten und andere Schädlinge an, die dann teilweise enorme Schäden und Kosten verursachen. Ein anderes Beispiel: Auch auf „Urban Gardening“-Flächen sollte in Bezug auf Bewässerung ein verantwortungsvoller Umgang mit Trinkwasser stattfinden. Das Anlegen und Bewässern eines Feuchtbiotops ist mit Sicherheit gut gemeint, aber nicht zeitgemäß.

„Auch auf Urban-Gardening-Flächen sollte in Bezug auf Bewässerung ein verantwortungsvoller Umgang mit Trinkwasser stattfinden.“

Welches positive Beispiel an Grünpflege haben Sie beobachtet?

Sören Petzold: Die Wildblumenwiese an der Seegefelder Straße in Spandau wurde durch MieterInnen initiiert. Dort wurde eine ehemalige Rasenfläche in eine Wiesenfläche umgewandelt. Grüner und dichter Rasen entwickelt sich zwar hervorragend mit Hilfe intensiven Rasenmähens und einem regelmäßigen Einsatz von Wasser und Dünger. Der ökologische Nutzen einer sehr ressourcenschonenden Wildblumenwiese ist jedoch sehr viel höher. In anderen Quartieren haben wir bereits vergleichbare Beispiele. Wir würden gern generell mehr Rasenflächen in Wiesen umwidmen und weniger mähen. Eine Wildblumenwiese braucht jedoch Geduld und Vorbereitung. Schließlich eignet sich nicht jeder Standort dafür.

Was wünschen Sie sich von den MieterInnen?

Sören Petzold: Zunächst einmal freuen wir uns über das Engagement von MieterInnen und helfen sehr gern bei der Umsetzung. Weiterhin wünschen wir uns Offenheit und Verständnis bei der Erforschung neuer Wege im nachhaltigen Umgang mit Stadtnatur. Da die Weiterentwicklung von Grünanlagen naturgemäß Zeit braucht und Veränderungen sich nicht überall und zeitgleich umsetzen lassen, sind wir natürlich auch auf das Vertrauen unserer MieterInnen angewiesen. So kann es sein, dass eine Wiesenfläche in den ersten Jahren und im Winter wirklich nicht schön aussieht. Hier ist viel Geduld gefragt. Ich empfehle auch, sich mit entsprechenden Wünschen und Anregungen an die Mieterräte und -beiräte zu wenden, die diese dann gesammelt an uns herantragen.

Möchten Sie sich dauerhaft in der Pflege von Grünanlagen der Gewobag engagieren? Oder möchten Sie einen Baum pflanzen?

Wenden Sie sich an das Service-Center, jeweils unter dem Stichwort „Urban Gardening-Vereinbarung“ oder „BaummanagerIn“:
Fon: 0800 4708-800 (kostenfrei)
E-Mail: service@gewobag.de
Service-Zeiten:
Mo. bis Do. von 08:00 – 18:00 Uhr
Fr. von 08:00 – 15:00 Uhr

Titelfoto: Felix Seyfert

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